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Doch nicht mit diesen Leuten

RASSISMUS Donald Sterling, der Eigentümer des US-Basketballteams Los Angeles Clippers, soll seine Freundin angewiesen haben, keine Schwarzen mehr zu Spielen seines Klubs mitzubringen. Präsident Obama ist empört

„Das klingt absolut nach Sterling. So ist er“

EX-CLIPPERS-PROFI BARON DAVIS

VON DMITRIJ KAPITELMAN

In den USA ist es Tradition, den neuen NBA-Champion ins Weiße Haus einzuladen. Mr President zeigt seine Anerkennung für die Meistermannschaft. Es ist ein semioffizieller, heiterer Showtermin, bei dem Basketballfan Barack Obama zuletzt mit den Spielern um die Wette grinste. Sollten die Los Angeles Clippers diese Saison den Titel holen, könnte die Einladung allerdings ausbleiben. Zumindest wenn der Klubchef dann immer noch Donald Sterling heißt. Der Besitzer der Clippers sieht sich mit Rassismusvorwürfen konfrontiert, nachdem ein krudes Telefongespräch mit seiner Freundin an die Öffentlichkeit gelangt ist. Darin verbietet Sterling seiner Partnerin, sich mit „Minderheiten“ in der Öffentlichkeit zu zeigen. Außerdem untersagt er ihr, „Schwarze“ zu den Spielen seines Vereins mitzubringen. Die entsetzte Frau, selbst Tochter einer mexikanischen Mutter und eines afroamerikanischen Vaters, fragt nach, weshalb. Sterlings Antwort: „Du beleidigst damit die Welt, die vor dir war. Entweder du wirst als Weiße oder als liebenswerte Latina wahrgenommen. Wozu zeigst du dich mit diesen Leuten?“

Nun hat sich Sterlings Freundin, bekannt unter dem Namen V. Staviano, nicht mit irgendeiner „Minderheit“ fotografiert, sondern ein Bild von sich mit Basketball-Ikone Magic Johnson bei der Onlineplattform Instagram hochgeladen – es war wohl der Auslöser für das Telefonat zwischen ihr und Sterling. Magic Johnson, die sportliche Ikone, die von der NBA 2007 zum besten Point Guard der Geschichte gekürt wurde. Der Mann, der den Mut hatte, Anfang der Neunziger mit seiner HIV-Infektion an die Öffentlichkeit zu gehen, die Krankheit anschließend überlebte und sich seitdem für die Aidsforschung einsetzt. Johnson, eine Art Mutter Teresa der Basketballwelt, ist für Sterling eine „Minderheit“, mit der seine Freundin nicht in der Öffentlichkeit gesehen werden sollte.

Sterlings eigene Gesetze darüber, wer, wann und wie mit welcher Ethnie verkehren sollte, schockieren nicht nur die NBA, sondern die USA als Gesellschaft. Obama kommentierte aus dem fernen Kuala Lumpur: „Die Vereinigten Staaten kämpfen immer noch mit dem Erbe von Sklaverei und Rassismus. Wir haben große Fortschritte gemacht, aber wir werden weiter an diese Dinge erinnert werden.“ Obama bezeichnete Sterling als Ignoranten und rief den NBA-Chef Adam Silver dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen. Dass ausgerechnet der Besitzer eines NBA-Klubs dermaßen rassistisch denkt, ist besonders bitter.

Schwarze Liga

In der NBA sind ungefähr 80 Prozent der Spieler Afroamerikaner. Bei den Superstars liegt die Quote eher bei 99 Prozent. „Wir sind eine schwarze Liga,“ sagte TV-Experte und Basketballlegende Charles Barkley und forderte ebenfalls, Sterling zu enteignen. Michael Jordan, LeBron James, Kobey Bryant, Magic Johnson – all die afroamerikanischen Ausnahmeathleten, die die Liga dazu gemacht haben, was sie heute ist, nämlich ein weltweites Milliardengeschäft – meldeten sich in den vergangenen Tagen zu Wort, um ihren Ekel vor Sterlings Haltung auszudrücken. Einflussreiche Bürgerrechtler wie Jesse Jackson oder Al Sharpton fordern die Clippers-Spieler zum Boykott auf. Am Sonntag vor dem vierten Playoff-Spiel bei den Golden State Warriors in Oakland begnügte sich die Mannschaft mit einem stillen Protest: Die Spieler trugen ihre Aufwärmtrikots verkehrt herum, sodass das Klublogo nicht auf ihrer Brust zu sehen war. Für das nächste Spiel am Dienstag, das in Los Angeles stattfindet, soll die Mannschaft aber eine größere Aktion planen.

Der besagte Mitschnitt wurde vom Klatschportal TMZ.com veröffentlicht. Der Verein schützt Sterling bisher und bezweifelt in einer Stellungnahme die Echtheit. Man wisse aber, dass die Frau, die das Band in Umlauf gebracht hat, der Familie Sterling 1,8 Millionen Dollar schulde und sich mit den Sterlings im Rechtsstreit befinde. Außerdem sei der Inhalt der Unterhaltung das genaue Gegenteil von Mister Sterlings Überzeugungen. Sterling selbst hat bisher nichts dementiert. Und auch seine Vergangenheit taugt nicht als Gegenbeweis.

Denn es ist nicht das erste Mal, dass Sterling in den Verdacht gerät, ein Rassist zu sein. Der Unternehmer verfügt über Immobilien und ganze Wohnkomplexe in Kalifornien. 2009 musste er sich vor Gericht wegen Diskriminierung verantworten. Sterling soll versucht haben, sämtliche Afro- und Lateinamerikaner aus den ihm gehörenden Wohnungen zu vertreiben. Beziehungsweise Apartments mit gehobenem Standard gar nicht erst an Angehörige dieser „Minderheiten“ zu vermieten. Der Prozess endete mit einem kostspieligen Vergleich für Sterling.

Außerdem verklagte Elgin Baylor, ehemaliges Vorstandsmitglied des Klubs und Afroamerikaner, Sterling wegen rassistischer Diskriminierung. Während der Verhandlungen sagte Baylor, dass Sterling einer Art „Südstaaten-Feldarbeitsystem“ installiert habe – eine Parabel auf die Zeit der Sklaverei. Auch ehemalige Clippers-Spieler bestätigen, dass das aufgenommene Gespräch den wahren Charakter Sterlings offenbare. Baron Davis bekräftigte: „Das klingt absolut nach Sterling. So ist er.“ Sam Cassel und Elton Brand erzählten folgende Geschichte: „Manchmal kam Sterling mit einigen schönen Frauen in unsere Kabine, während wir Spieler duschten. Dann sagte er zu den Frauen: Seht euch diese wunderschönen schwarzen Körper an.“

Adam Silver, seit Februar stärkster Mann im NBA-Staat, steht vor einer ersten Bewährungsprobe. Dementsprechend rapide bezog er Stellung: „Die Bemerkungen, die auf der Aufnahme zu hören sind, sind verstörend und ebenso verletzend. Wir werden umfassende Ermittlungen einleiten.“ Silver fügte allerdings hinzu, dass der Liga derzeit keine weiteren Informationen vorlägen, und nannte keine der möglichen Maßnahmen.

Clippers stark wie nie

Sportlich hätte die Kontroverse für die Clippers zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte sind sie ein ernstzunehmender Titelanwärter. Zuvor waren sie jahrelang die Lachnummer der Liga und ein Synonym für Erfolglosigkeit im US-Profisport. Der Klub war unter Sterling, dem das Team seit 1981 gehört, nie mehr als der bucklige Stiefbruder des ruhmreichen Lokalrivalen L.A. Lakers. Schuld für die Misere war in der öffentlichen Diskussion stets der eigenwillige und knausrige Besitzer. Doch inzwischen sind die Lakers sportlich nur noch ein Fliegengewicht – und die Clippers sind zu einem der populärsten Klubs avanciert. Keine andere Mannschaft spielt so spektakulär und derart unterhaltsam. Nach einer hervorragenden Saison stehen sie gerade in der ersten Playoffrunde gegen die Golden State Warriors – und haben trotz der 97:118-Niederlage von Sonntagabend gute Aussichten, weiterzukommen. Denn in Chris Paul besitzen sie den wohl besten Spielmacher der Liga und mit Blake Griffin einen außergewöhnlich athletischen Power Forward.

Ihr Center DeAndre Jordan verpasste nur knapp die Auszeichnung zum Defensivspieler des Jahres. Bis auf J. J. Redick sind alle Leistungsträger der Mannschaft Afroamerikaner. Schwer vorstellbar, dass der Gedanke, für eine Rassisten zu arbeiten, als zusätzliche Motivation taugt. Gewännen die Clippers den Titel tatsächlich, es wäre auch Sterlings Triumphstunde. Dann ließe er sich bestimmt gern mit seinen Minderheitsmeistern fotografieren. Am liebsten im Weißen Haus.

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