: SPD will nicht so lang wie Jürgen Rüttgers
CDU-Vorschläge für Hartz-IV-Reform werden zum Problem für die NRW-SPD: Während die Parteiführung die Pläne ablehnt, unterstützen die SPD-Arbeitnehmer die Forderung nach einer längeren Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I
DÜSSELDORF taz ■ Die NRW-SPD findet keine einheitliche Antwort auf den Vorschlag von CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I (ALG I) zu verlängern. Während sich die Parteiführung der Sozialdemokraten gegen die CDU-Pläne sträubt, unterstützen die SPD-Arbeitnehmer in NRW Rüttgers‘ Forderung. „Wir halten den CDU-Beschluss grundsätzlich für richtig“, sagte Armin Jahl, Landeschef der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), gestern zur taz. Eine längere ALGI-Bezugsdauer entspreche der Beschlusslage der AfA. „Dass dies nun von der CDU kommt, ändert nichts an meiner Haltung“, so Jahl.
Der wichtigste NRW-Genosse, Vizekanzler und Bundesarbeitsminister Franz Müntefering, lehnte die CDU-Beschlüsse (siehe Infokasten) hingegen gestern ab. Was Rüttgers mit Unterstützung von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla vorgeschlagen habe, sei „handwerklich dilettantisch und in seiner Wirkung auch nicht sozial“, sagte Müntefering in einem Fernsehinterview. Er gehe davon aus, „dass in dieser Koalition, in dieser Legislaturperiode für ein solches Experiment keine Chance besteht“.
Neben der „undurchdachten Forderung“ nach einer Anhebung des ALG I kritisierte der SPD-Landesvorsitzende Jochen Dieckmann die von der CDU geplante Unterhaltspflicht von Kindern für ihre arbeitslosen Eltern. „Eine solche Familienhaftung ist grober politischer Unfug“, sagte Dieckmann. Die Folge wäre, dass junge Leute sich eben nicht mehr für Kinder entscheiden, wenn sie befürchten müssen, dass sie für ihre arbeitslosen Eltern aufkommen müssen. „Was da von der CDU-NRW geplant wird, ist populistisch und unfinanzierbar“, sagte SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer zur taz. „Rüttgers mutiert zur Lachnummer“, assistierte SPD-Generalsekretär Michael Groschek. Als Oppositionschef habe der Christdemokrat selbst für eine verkürzte Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes plädiert.
Groscheks CDU-Kontrahent wies die Kritik der Sozialdemokraten entrüstet zurück. „Eine SPD, die sich stur weigert, Ungerechtigkeiten bei Hartz IV zu beseitigen, ist nicht mehr die Partei der kleinen Leute“, sagte Rüttgers‘ Generalsekretär Hendrik Wüst. Müntefering und Genossen hätten mit Gerechtigkeit nichts mehr am Hut.
Rüttgers und Wüst dürften sich freuen, dass der DGB die Pläne aus der nordrhein-westfälischen CDU vorsichtig unterstützt. „Es ist erfreulich, dass CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla die Verlängerung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld für Ältere mitträgt“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Berliner Zeitung. „Dieser soziale Fortschritt darf allerdings nicht durch Kürzungen an anderer Stelle erkauft werden“, sagte die Gewerkschafterin. Buntenbach forderte die SPD auf, der Initiative zu folgen: „Beide Seiten können Hartz IV zumindest an dieser Stelle entschärfen, ohne ihr Gesicht zu verlieren.“ MARTIN TEIGELER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen