MATTHIAS LOHRE ÜBER DIE FDP UND DAS OUTEN EINES INFORMANTEN: Bauernopfer für Westerwelle
Dass Taten und Worte einer Partei einander widersprechen, ist gemeinhin wenig überraschend. Doch dass sie es im Fall Helmut Metzners tun, der die US-Botschaft mit Informationen aus den Koalitionsverhandlungen fütterte, wirft Fragen auf. Denn einerseits zog die FDP den 41-Jährigen am Donnerstag eilig zurück vom wichtigen Job des Büroleiters des Parteivorsitzenden. Andererseits beeilten sich gleich zwei FDP-Minister zu betonen, der angebliche „Maulwurf“ habe nur seinen Job gemacht, nämlich Kontakt gehalten zu ausländischen Botschaften. Warum aber der Rückzug, wenn alles rechtens war?
Bisher ist jede Antwort darauf bloße Mutmaßung. Doch steht die Frage im Raum: Handelte Metzner bei seinen persönlichen Gesprächen mit dem US-Botschafter mit Wissen Guido Westerwelles? Kaum vorstellbar, dass einer der engsten Mitarbeiter des Parteichefs mitten in den stressigen Koalitionsverhandlungen auf eigene Faust in die US-Botschaft spaziert. Schlüssiger scheint, dass Metzner übereifrig dem Auftrag nachging, die abgekühlten Beziehungen zwischen FDP und US-Regierung aufzuwärmen. Letztere war verstimmt ob Westerwelles Wahlkampfankündigung, er wolle sich als Außenminister stark machen für den Abzug der noch in Deutschland verbliebenen US-Atomraketen. Die Forderung war mit niemandem abgestimmt. Offiziell bestätigen die Amerikaner bisher nicht einmal, dass sie hierzulande Atomsprengköpfe lagern.
Falls diese Vermutung zutrifft, dann brachte der Büroleiter Metzner das Bauernopfer, um seinen König zu schützen. Denn Schlagzeilen wie „Westerwelle spionierte für USA“ würde dieser politisch nicht überleben. Dann spielte es auch keine Rolle mehr, dass der Stand der Koalitionsgespräche wenige Tage später in den Zeitungen nachzulesen war.
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