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Wer war für den Streubomben-Einsatz im Libanon verantwortlich?Israel sucht den Sündenbock

Israels Stabschef Dan Halutz hat angekündigt, den Einsatz von Streubomben während des Libanonkrieges untersuchen zu lassen. Endlich. Nur: Das wirft eine Reihe von Fragen auf.

Irritierend ist, dass über drei Monate vergehen mussten, bevor Halutz auf die Idee kam, eine solche Untersuchung einzuleiten. Seltsam ist auch seine Behauptung, er habe den Einsatz der völkerrechtswidrigen Waffe explizit untersagt. Wie konnten denn die Befehle des Armeechefs im Verlauf des Krieges systematisch unterlaufen werden? Und wenn es tatsächlich so war, warum sind daraus bis heute keine Konsequenzen gezogen worden? Befehlsverweigerung in Kriegszeiten wird gewöhnlich schnell und hart bestraft – selbst wenn es sich um ein weit weniger schwerwiegendes Vergehen als den Einsatz von Streubomben handelt.

Auf all diese Fragen gibt es nur zwei mögliche Antworten: Entweder Halutz lügt – er wusste von den rechtswidrigen Bombardierungen und hat den Einsatz der tödlichen Waffe vielleicht sogar selbst angeordnet, hoffte aber, damit durchzukommen. Oder aber in den Reihen des israelischen Militärs herrscht ein derartiges Chaos, dass der Stabschef tatsächlich nicht über das Tun und Handeln seiner Kommandanten informiert ist und sich erst von ausländischen Menschenrechtsbewegungen darüber aufklären lassen muss.

Beide Möglichkeiten werfen ein trübes Licht auf die israelischen Streitkräfte und ihren Chef. Militäranalysten geben Halutz deshalb nicht mehr lange, bis er seine Uniform an den Nagel hängen muss. Je schneller er geht, desto besser. Schade wäre jedoch, wenn er allein als Sündenbock herhalten müsste. Denn um in der Armee aufzuräumen, reicht es nicht, nur den Kopf auszutauschen.

Allerdings reicht es auch nicht aus, nur in der Armee aufzuräumen. Schließlich kam die Entscheidung für den Libanon-Feldzug aus dem Regierungsgebäude. Vorerst versteckt sich Verteidigungsminister Peretz noch hinter dem starken Mann der Armee und heuchelt Sympathie für den Stabschef. Offenbar hofft die politische Führung, dass sich der Zorn der Bevölkerung mit ein paar Bauernopfern im Militär dämpfen lässt. Da sollte sie sich mal nicht zu sicher sein. SUSANNE KNAUL

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