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Hamburgs Jugend rüstet auf

Die jüngst vorgelegte Statistik zur Jugendgewalt wird in der CDU als „besorgniserregend“ gewertet. Die SPD spricht von einem „Offenbarungseid“ und entwirft eine Entwaffnungsstrategie

VON ANDREAS BOCK

„Die CDU wurde in den letzten Jahren nicht müde zu behaupten, die Jugendgewalt in Hamburg gehe stetig zurück“, sagt Dr. Andreas Dressel, innenpolitischer Sprecher der SPD. „De facto zeigt die Statistik aber ein anderes Bild.“

Im Bereich Körperverletzung stiegen die Taten in den ersten neun Monaten um 10,2 Prozent. Eine Entwicklung, die schon in den letzten Jahren abzusehen war: Im Jahr 2005 wurden 2.977 Gewalttaten von Jugendlichen gezählt, 2004 waren es noch 2.788. Eine wirkliche Entwaffnungsstrategie hätte der Senat in fünf Jahren nicht vorlegen können, sagt Dressel. Auch Ursachen seien nicht analysiert worden: In der CDU bediene man sich zu häufig scheinbar nahe liegender Erklärungen und mache die Medien, vor allem „Killerspiele“ für die Jugendgewalt verantwortlich.

SPD-Sprecher Dressel plädiert nun für ein absolutes Waffenverbot und eine Null-Toleranz-Grenze: „Was macht es für einen Sinn, Springmesser erst mit einer Klinge ab 8,5 Zentimetern zu verbieten?“, fragt er. Mit 8,4 Zentimetern könne man ebenso einen Menschen erstechen. Neben strikteren Verboten und der Beschleunigung der Jugendstrafverfahren, müsse auch die Koordination zwischen Schulen, Polizei, Justiz und Allgemeinen Sozialen Diensten verbessert werden – und zwar schon zu Beginn einer kriminellen Karriere. Zugleich fordert Dressel massive Aufklärungskampagnen, um das Bewusstsein Jugendlicher im Umgang mit Waffen verändern: „Hier muss auch die Stadt Zeichen setzen. Auf Plakaten, nach dem Bremer Vorbild, wünsche ich mir ein klares ‚Hamburg rüstet ab!‘“

Auch Udo Nagel stuft die Zahlen als „besorgniserregend“ ein. Reinhard Fallak, Sprecher des Innensenators, sagt allerdings, dass diese Entwicklung „kein hamburgspezifisches Problem ist. Statistiken belegen, dass in allen Bundesländern seit 1993 die Gewalttaten Jugendlicher um 32,5 Prozent gestiegen sind.“ Zudem glaubt Fallak an schwankende Entwicklung, die Zahlen würden „mal rauf, mal runter“ gehen – doch auch er weiß, dass sie sich seit vielen Jahren leider in der Tendenz bergauf bewegen.

Dass eine neue Qualität der Jugendgewalt längst erreicht ist, da sind sich Reinhard Fallak und Dr. Andreas Dressel einig. „Wo früher diskutiert wurde, wird heute geschlagen. Und wo früher geschlagen wurde, wird heute ein Messer oder eine Schusswaffe gezückt“, sagt Dressel. Die Grundaggression Jugendlicher sei gestiegen, die Hemmschwelle mit einem Messer zuzustechen gleichzeitig stark gesunken, meint auch Fallak.

Dass aber ein allgemeines Messerverbot potentielle Gewalttäter zu lammfrommen Nachbarn macht, glaubt Fallak nicht. „Nur in Brennpunktvierteln wie auf St. Pauli halte ich dies für angemessen. Doch wer hält sich schon an Verbote?“, fragt er. Wenn Jugendliche mit Waffen herum rennen und diese auch benutzen, sei „der Zug eh abgefahren“. Man wolle nun Gründe der Gewalt erörtern und neue Präventionskonzepte diskutieren. Der Hamburger Senat lädt dafür Ende Januar zu einer Tagung Vertreter aus allen Bundesländern ein.

Gleichzeitig plant Udo Nagel eine computergestützte Gewalttäterdatei wie man sie bei „Fußball-Hooligans“ längst einsetzt: So können Polizisten gezielter gegen Gewalttäter vorgehen. Man solle nun aber kein „Horrorszenario“ zeichnen, sagt Fallak. „Wir sprechen hier von ein einer Minderheit.“ Das Gros der Jugendlichen sei immer noch gewaltfrei und friedlebend.

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