: NAP II heißt: Ärger mit der Industrie
Der „Nationale Allokationsplan – zweite Handelsperiode“ verfolgt Umweltminister Gabriel seit seinem Amtsantritt
BERLIN taz ■ Kurz nach seiner Wahl zum Bundesumweltminister musste sich Sigmar Gabriel mit dem komplexen Thema „Nationaler Allokationsplan“, kurz NAP II, befassen. Zwar hält der SPD-Politiker Klimaschutz für ein reizvolles Politikfeld. NAP II aber bedeutet sehr viel Ärger mit der Industrie.
Dennoch musste Gabriel bis 30. Juni dieses Jahres seinen NAP II in Brüssel einreichen. In diesem beantragte der Bundesumweltminister, dass die deutsche Industrie ab 2008 jährlich 482 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft blasen darf. Gabriel betonte seinerzeit, dass der Plan „vorläufigen Charakter“ hat – die Datenerhebung für die Jahre 2003 und 2004 sei noch nicht abgeschlossen.
Dumm nur, dass die Deutsche Emissionshandelsstelle (Clearingstelle der Bundesregierung und der Industrie) die Daten für 2005 schon im Mai hatte. Demnach lag der indutriebedingte Ausstoß bei 474 Millionen Tonnen – also deutlich unter der Menge, die sich Gabriel in Brüssel genehmigen lassen wollte. Zufall oder Kalkül? „Um beim Thema Atomkraft den Rücken frei zu haben, scheute Gabriel eine extra Frontlinie mit den Energiekonzernen“, erklärt ein Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion.
Lange schien es, als würde dieser Plan aufgehen. Doch dann zeichnete sich ab, dass der deutsche Antrag in Brüssel keine Chance hatte. Daraufhin berief sich Gabriel auf den „vorläufigen Charakter“. In einem Brief an EU-Umweltkommissar Stavros Dimas beantragte er vergangenen Freitag eine neue Verschmutzungsmenge: 465 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Doch auch dies ist der EU noch viel zu viel: Nur 453,1 Millionen Tonnen will Brüssel den Deutschen zugestehen.
Deutschland ist der größte Klimasünder der EU. Gegenüber dem Kioto-Basisjahr gingen die Emissionen zwar um 17 Prozent zurück – aber 11 Prozent trug dazu der wirtschaftlichen Kollaps der DDR bei. RENI
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