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Grüner Streit um City-Maut

Umweltpolitik machen, aber potenzielle Wähler nicht verschrecken: Hinter den Kulissen der GAL ist die Debatte über eine Kostenpflicht für Autofahrten in die Hamburger Innenstadt entbrannt

Von MARCO CARINI

Öffentlich äußern mag sich Jörg Lühmann zum Thema nicht. Er werde der „parteiinternen Diskussion“ zur City-Maut durch keine Stellungnahme „vorgreifen“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der GAL-Fraktion. Die vornehme Zurückhaltung hat einen Grund: In der GAL kracht es gewaltig – der Streit um die Einführung einer City-Maut in Hamburg ist zum Pulverfass für die Partei geworden.

Während sich an der Basis, etwa im betroffenen Kreis Mitte, die Stimmen für ein Konzept mehren, das den automobilen Eintritt in die Innenstadt nur nach Zahlung einer Gebühr erlaubt, blocken die zuständigen Bürgerschaftsabgeordneten der GAL, Verkehrsexperte Lühmann und Umweltfachmann Christian Maaß, die Debatte um die Maut konsequent ab.

Dabei sind es weniger fachliche als wahltaktische Gründe, die sie auf die Bremse treten lassen. Hinter den Kulissen spricht Lühmann schon mal von einer „Vergrämungsstrategie“, die „in der Regel von den meisten Leuten nicht geschätzt wird“. Die Befürchtung, die Forderung nach einer Maut werde die Grünen als „Abkassierer“ dastehen lassen, ruft Erinnerungen wach an das Jahr 1998, als die Grünen mit der Forderung, den Spritpreis auf fünf Euro zu erhöhen, schwungvoll in mehreren Wahlkämpfen von den Wählern abgestraft wurden.

Stattdessen bevorzugen die Maut-Skeptiker innerhalb der GAL das Konzept einer „Umweltzone“, nach der rußenden Dieselfahrzeugen und Altautos ohne geregelten Katalysator die Zufahrt in die Cityzone innerhalb des Rings 2 verwehrt werden soll.

Auch PKW-Besitzer, die in diesem Areal wohnen, müssten nach einer „Ausnahmefrist von mindestens einem Jahr“ von der automobilen Schadstoffschleuder zu einem schadstoffärmeren Modell wechseln, wollen sie in Zukunft nicht aufs Auto verzichten. „Das käme einer kalten Enteignung gleich“, bezweifelt deshalb ein GAL-Bürgerschaftsabgeordneter, dass die Umweltzone den Hamburgern besser vermittelbar sei als die City-Maut.

Als solle der in der GAL emotional aufgeladene Konflikt noch weiter angeheizt werden, hat nun die Parteiregie einen Showdown inszeniert, der die Maut-Befürworter vollends auf die Palme bringen dürfte: Am kommenden Dienstagabend wird im 28-köpfigen Landesausschuss – dem höchsten Gremium zwischen den Parteitagen – auf Antrag der GAL-Mitte erstmals über die City-Maut diskutiert. Die Vorgabe der Parteiführung: Beschlüsse sollen auf der Sitzung nicht gefällt werden.

Doch schon am Vormittag präsentiert die Bürgerschaftsfraktion den Medien ihr Konzept „Entspannt mobil in Hamburg“. Kernpunkt: die parteiintern umstrittene Umweltzone. Diese Terminierung stößt einigen sauer auf. Ein Maut-Befürworter: „Wer vormittags das Gegenkonzept von dem verkündet, was wir abends diskutieren wollen, darf sich über parteiinternen Unmut nicht wundern.“

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