: Grüne bringen neues Mindestlohngesetz ein
BEZAHLUNG II Mitten in der Debatte um Hartz IV fordern die Grünen 7,50 Euro Stundenlohn
BERLIN taz | Die Grünen unternehmen einen neuen Vorstoß für einen allgemeinen Mindestlohn von 7,50 Euro in Deutschland. Mitten in der Debatte um eine Kompromissfindung in Sachen Hartz-IV-Reform will die Partei in der ersten Plenarsitzung des Bundestags im Januar 2011 einen Gesetzentwurf zur Einführung flächendeckender Mindestlöhne einbringen. Das kündigte Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, am Donnerstag in Berlin an.
Die Grünen begründen ihre Initiative damit, dass mit der vollen EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit ab Mai 2011 Lohndumping in Deutschland, vor allem im Bereich der Geringqualifizierten, weiter zunehmen werde. Bereits jetzt erhielten in Deutschland 6,6 Millionen Beschäftigte Niedriglöhne, 3,4 Millionen davon arbeiteten für weniger als 7 Euro in der Stunde. Ein Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro in der Stunde soll deshalb nicht nur für einzelne Branchen, wie beispielsweise die Leiharbeit, sondern flächendeckend eingeführt werden und in ganz Deutschland für alle Arbeitsverhältnisse gelten, fordern die Grünen. „Die Eingrenzung der Debatte auf einen Mindestlohn in der Zeitarbeit greift grundsätzlich viel zu kurz. Auch in anderen Branchen, vor allem im Dienstleistungssektor, droht mit der Freizügigkeit eine verstärkte Abwärtsentwicklung bei den Löhnen“, heißt es dazu im Gesetzentwurf.
Um der Ausweitung des Niedriglohnsektors entgegenzuwirken, soll künftig, ähnlich wie in Großbritannien, eine neu einzurichtende Mindestlohnkommission Lohnuntergrenzen festlegen. „Dabei soll ein Stundenlohn von mindestens 7,50 Euro nicht unterschritten werden“, heißt es dazu im Entwurf. Die Kommission soll sich als unabhängiges Gremium konstituieren, das nicht weisungsgebunden ist. Sie soll neben einer allgemeinen Lohnuntergrenze auch für Branchen mit keiner oder schwacher Tarifbindung Mindestlöhne festlegen. So wäre es nach wie vor möglich, einzelnen Branchen Mindestlöhne vorzuschreiben, die höher liegen als 7,50 Euro in der Stunden. Auch regionale Lohnunterschiede sollen dabei möglich sein.
„Von einem Mindestlohn profitieren alle“, sagte Pothmer. „Die Beschäftigten, weil keiner mit einem Hungerlohn abgespeist wird; die fairen Arbeitgeber, weil die Schmutzkonkurrenz unterbunden wird; und die Allgemeinheit, weil schon bei einem Mindestlohn von 7,50 Euro über 1,5 Milliarden Euro jährlich für die Aufstockung von Niedriglöhnen durch Arbeitslosengeld II eingespart werden könnte.“ VOE
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