: Die Wahl auf dem Weg zur Demokratie
GESCHICHTE Vor 25 Jahren markierte eine Wahl den Anfang vom Ende des kommunistischen Polen
BERLIN taz | Vor genau 25 Jahren wurde in Polen das Ende des Kommunismus eingeläutet. Am 4. und 18. Juni 1989 fanden in dem Ostblockstaat die ersten halbwegs freien Parlamentswahlen statt. Halb frei, weil der regierenden Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei und ihren Satellitenparteien im Vorfeld bereits 65 Prozent der Mandate im Sejm (Unterhaus) zugesprochen worden waren. Lediglich 161 von 460 Sitzen sollten demokratisch vergeben werden. Ganz frei gewählt wurde nur das weniger einflussreiche Oberhaus, der Senat. Für das Amt des Präsidenten war General Wojciech Witold Jaruzelski vorgesehen.
Bei diesen ersten Wahlen konnte die Oppositionsbewegung Solidarnosc einen überwältigenden Erfolg verbuchen: Die Gewerkschaft erhielt alle erreichbaren 161 Sitze im Sejm und 99 von 100 Mandaten im Senat. Zu einem sofortigen Systemwechsel führten die Wahlen zwar noch nicht, doch war ein erster wichtiger Schritt getan.
Der Weg zum Umbruch in der polnischen Gesellschaft hatte sich bereits 10 Jahre zuvor abgezeichnet, als Karol Wojtyla zum Papst Johannes Paul II. bestimmt wurde. 1981 gründeten Werftarbeiter in Danzig unter der Führung von Lech Walesa die Gewerkschaft Solidarnosc, die 1981 verboten wurde und in den Untergrund ging. Im Frühjahr 1989 trafen sich Vertreter des kommunistischen Machtapparats, der Opposition um Soldidarnosc und der Katholischen Kirche an einem runden Tisch. Im Zuge dieser Gespräche einigte man sich auf Parlamentswahlen, die Legalisierung von Solidarnosc und erlaubte der Opposition Zugang zu den Massenmedien. Wahlplakate von Solidarnosc bildeten Gary Cooper aus dem Western „High Noon“ ab, in der Hand keinen Revolver, sondern einen Stimmzettel, mit dem er zur Wahlurne schreitet.
Die Volksrepublik Polen wurde 1989 zur Dritten Republik Polen. Das politische Organ von Solidarnosc, das Bürgerkomitee, forderte mit dem Slogan „Euer Präsident, unser Premier“ eine Regierungsbeteiligung. Tadeusz Mazowiecki wurde erster nichtkommunistische Ministerpräsident nach dem Zweiten Weltkrieg. Bei den Präsidentenwahlen im Dezember 1990 löste Lech Walesa Jaruzelski als Staatspräsident ab. LJUBA NAMINOVA
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