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Botschaft von al-Qaida

Sawahiri lehnt Neuwahlen in Palästina ab und fordert Dschihad gegen Israel. Lage im Gaza-Streifen beruhigt sich

KAIRO taz ■ Wieder einmal meldete sich der Mann mit weißem Bart und schwarzem Turban und angelehnter Kalaschnikow im Hintergrund zu Wort. Diesmal kommentiere die Nummer zwei von al-Qaida, der Ägypter Aiman al-Sawahiri, die Ereignisse im Gaza-Streifen. Nur der Heilige Krieg und nicht etwa Wahlen könnten „Palästina befreien“, erklärte er in einer gestern von dem arabischen Fernsehsender al-Dschasira ausgestrahlten Videobotschaft. Dabei handelte es sich um eine Reaktion auf die Ankündigung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Neuwahlen abzuhalten. Sawahiri bezeichnete Abbas dabei als „Mann der Amerikaner“. Jeder andere Weg als der Dschihad würde zu „Verlust und Niederlage“ führen. „Jene, die das Land des Islams durch Wahlen verteidigen wollen, die auf säkularen Verfassungen gründen, werden kein einziges Sandkorn Palästinas befreien“, fügte Sawahiri hinzu.

Wie die Zeiten sich doch ändern. In den 70er-Jahren hatte der gleiche Aiman Sawahiri an der Kairoer Universität den islamistischen Studentenverband angeführt. Als der linke Studentenverband an Sawahiri mit der Bitte herantrat, dass sich die Islamisten an einer Protestveranstaltung für die Palästinenser beteiligen sollten, wurden sie von Sawahiri mit den Worten „Was interessiert uns Islamisten Palästina“ abgewimmelt.

Heute präsentiert sich der gleiche Sawahiri als Retter Palästinas. Wie in seinen fünfzehn anderen Audio- und Videobotschaften in diesem Jahr meldet sich Sawahiri immer zu dem Thema zu Wort, das gerade in der arabischen Welt besondere Beachtung findet. Dabei geht es ihm wohl auch darum, nicht in Vergessenheit zu geraten und gegenüber in der innerislamistischen Konkurrenz von Hisbollah und Hamas zu punkten. Sawahiris neues Motto „Heiliger Krieg statt Wahlurnen“ kann auch als Kritik an Hamas verstanden werden, die vergangenen Januar an den palästinensischen Wahlen teilgenommen und gewonnen hatte. Hamas hatte sich in den vergangenen Jahren immer wieder von al-Qaida und deren Anschlägen distanziert.

Im Gaza-Streifen ging die gewalttätigen Auseinandersetzungen nach einer neuen Waffenruhe zwischen Hamas und der Fatah von Abbas gestern zurück. Kämpfer beider Bewegungen zogen sich von den Straßen in der Stadt Gaza zurück. Am Morgen waren jedoch bei einer Schießerei zwei Fatah-Leute getötet worden. KARIM EL-GAWHARY

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