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Polizei erntet GrasEntspannt euch mal!

Die Branche boomt. Insider sprechen von Umsatzsteigerungen von bis zu 500 Prozent – in gerade mal zwei Jahren. Engagierte Kleinbauern bescheren dem darbenden Agrarsektor einen nie gekannten Boom. Kunden wie Händler setzen zunehmend auf Produkte aus der Region. Einem Wirtschaftssenator, dem solche News zu Ohren kommen, müssten sich vor Glück die Pupillen weiten. Doch leider ist der Wirtschaftssenator gar nicht zuständig. Denn es geht um Cannabis.

Kommentar von Gereon Asmuth

Cannabis ist nach wie vor verboten. Und deshalb schickt die Polizei nun vermehrt ihre Erntehelfer aus – auch wenn das den Kleinbauern überhaupt nicht passt. Polizeipräsident Glietsch halluziniert schon von einem neuen Einsatzschwerpunkt.

Doch schuld an diesem Rückfall in längst überwunden geglaubte Panikzeiten ist nicht die Polizei. Sie richtet sich nur nach den Vorgaben der Politik. Die rot-rote Landesregierung hatte sich vor zwei Jahren zwar dazu durchgerungen, bei Kiffern nicht mehr ganz so streng hinzugucken. Der Besitz von maximal 15 Gramm des THC-haltigen Hanf ist zwar weiter illegal, bleibt aber straffrei. Doch diese Regelung wurde nur für den Eigengebrauch von bereits zerbröseltem Harz oder Gras getroffen. Solange sich das berauschende Wirkstöffchen THC noch in der Pflanze im heimischen Blumentopf befindet, gilt das als kriminelle Produktion verbotener Drogen.

Nicht nur für zugedröhnte Hardcorekiffer dürfte dieser feingeschnittene Unterschied kaum nachvollziehbar sein. Denn er ist schlichtweg absurd und stellt nicht nur die erst nach langer Debatte erreichte Entkriminalisierung der Endverbraucher in Frage. Er treibt autarke Selbstversorger schnurstracks in die Hände von obskuren Dealern, die mit Produkten von zweifelhafter Qualität die Gefahren des Kiffens noch potenzieren. Bevor die Polizei an neuen Einsatzmethoden feilt, sollte die Politik sich ganz entspannt zurücklehnen und den zarten Pflänzchen eine Amnestie gewähren.

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