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Kriegt die SPD die Kurve?

■  Nach dem Willen der SPD soll Peter Strieder das Superressort Stadtenwicklung, Umwelt, Bauen und Verkehr übernehmen. Das hätte Veränderungen in der Verkehrs- und Baupolitik zur Folge. Was setzt Superpeter um?

Peter Strieder gab sich Mühe, witzig zu sein. „Seien Sie versichert“, rief der bisherige Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz den Förstern bei der diesjährigen „Sauversper“ zu, „dass die Koalitionsverhandlungen für den Berliner Wald keinen Schaden bedeuten. Weder darf Herr Stimmann im Wald Häuser in Blockrandbebauung und Traufhöhe bauen, noch wird der Wald aufgeräumt, wie es andere gerne hätten!“ Wenigstens die Förster waren am Mittwochabend auf der Seite ihres Senators.

Geht es nach dem Willen des SPD-Landesausschusses, soll der frühere Kreuzberger Bürgermeister auch noch andere Verwaltungsmitarbeiter mit seinem Witz überzeugen: die Brückenbauer von der Verkehrsverwaltung zum Beispiel oder die Stadterneuerer und Planer der Abteilung Bauwesen. Eine Superbehörde soll sie werden, die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, Verkehr, Stadtentwicklung und Umweltschutz.

Doch ist Peter Strieder auch ein Supersenator? Zumindest politisch hat sich der SPD-Landesvorsitzende mit seinem neuen Ressort viel vorgenommen. Beobachter gehen davon aus, dass es die gravierendsten Veränderungen in der Verkehrspolitik geben würde.

Bislang sind in diesem Bereich die Autofahrer recht gut gefahren. Von CDU-Verkehrssenator Jürgen Klemann wurde das Brandenburger Tor geöffnet, die Leipziger Straße als sechsspurige Ost-West-Rennstrecke erhalten. Der Rückbau großer Straßen im Ost- und Westteil der Stadt ist vom Tisch, neue innerstädtische Trassen oder die „Flughafenautobahn“ nach Schönefeld sind dagegen auf den Weg gebracht.

Mit Strieder, so glaube viele, wird es, anders als in der CDU gefordert, nicht zum Bau der Westtangente von Schöneberg bis zum Potsdamer Platz kommen. Auch andere Verkehrskonzepte, wie die Schließung des Autobahnrings, könnten unter dem „Fan des ÖPNV“, wie Strieder-Freunde behaupten, auf den Index gesetzt werden. Und in der bisherigen Strieder-Verwaltung heißt es bereits intern, dass Klemanns Chefverkehrsplaner Ural Kaldender sich „warm“ anziehen müsse.

Ein Ende des Ausbaus Berlins zur autogerechten Stadt wäre freilich ohne einen entsprechenden Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) nicht denkbar. Auch hierfür hatte sich Strieder in der Vergangenheit immer wieder eingesetzt. Nicht zuletzt war die geplante Straßenbahn durch die Leipziger Straße zu einem der erbittersten Streitpunkte zwischen Strieder und Klemann geworden. Der Grund: Die Tram hätte die freie Fahrt des PKW-Verkehrs zugunsten des ÖPNV beeinträchtigt.

Solcherlei Einschränkungen dürfte es bei einem Verkehrssenator Strieder nun häufiger geben. Immerhin ist Strieder nicht nur für die Schließung der innerstädtischen Airports, sondern auch den Ausbau des Straßenbahnnetzes oder die zügige Schließung des S-Bahn-Rings im Norden der Stadt.

Auch der unattraktiven, hoch verschuldeten BVG und ihren Kunden käme ein „Fan des ÖPNV“ gerade recht.

Mit Strieder bliebe der im Koalitionsvertrag verabredete „Berlin-Takt“ nicht nur Papier. Priorität erhielten dann ein neues Park-+-Ride-Konzept, zum Teil günstigere BVG-Tarife, das Semesterticket für Berlin und Brandenburg für 215 Mark und das Arbeitslosentikket für 40 Mark.

Doch was ist davon Absicht, was ist Politik? Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, hat Zweifel an einer möglichen verkehrspolitischen Wende durch Strieder angemeldet. Ein SPD-Verkehrssenator sei zwar „besser als die bisherigen CDU-Männer Herwig Haase oder Jürgen Klemann“. Die eigentlichen „Knackpunkte“ der Verkehrs – die Verdrängung des Autoverkehrs aus der Innenstadt – seien aber im Koalitionsvertrag zu sehr „entschärft worden“, als dass ein SPDler neue Wege einschlagen könnte. Statt eines klaren Konzepts etwa für die Tram habe man die Strekken „aufgestückelt“. Zugleich verfolge auch die SPD die Inbetriebnahme der S 21 vom Potsdamer Platz zum Lehrter Bahnhof.

Ähnliche Zweifel wurden auch schon im Bereich der Stadtentwicklung laut, bei der Strieder sich zuletzt immer wieder für eine Verdichtung der Innenstadt statt des Bauens auf der grünen Wiese ausgesprochen hatte. Solcherlei Beteuerungen hörten sich zwar immer gut an, doch ob Strieder etwa dem Bau neuer Eigenheime im Rahmen der „Bauausstellung 1999“ in Pankow entgegentritt, wissen nicht einmal seine engsten Vertrauten zu berichten.

Überhaupt halten sich die politischen Beobachter mit einer Bewertung der möglichen Politik des Supersenators auffallend zurück. Zu oft hatte Peter Strieder in der Vergangenheit seine Meinungen gewechselt, zu unberechenbar war er in der konkreten Politik gewesen. Selbst in der Bauverwaltung in der Württembergischen Straße, zu Wolfgang Nagels Zeiten noch ein Bollwerk sozialdemokratischen Verwaltungsgeistes (und Filzes), will deshalb keine rechte Freude aufkommen angesichts des möglichen Amtsantritts von Superpeter Strieder. Rolf Lautenschläger/Uwe Rada

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