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Großes Geld geht in den Wind

Nicht nur der französische Atomkonzern Areva will in den Bau von Windrädern investieren. Auch Eon baut seinen ersten deutschen Offshore-Park. Der Ökobranche bringt das Engagement Geld. Für unabhängige Bürgeranlagen wird es aber eng

VON MIRJAM NEEBEUND STEPHAN KOSCH

Die Großindustrie setzt auf die Windenergie. Am Montag hatte der französische Areva-Konzern, Experte für den Bau von Atomkraftwerken, den Aktionären des Windenergieanlagenherstellers RePower ein Übernahmeangebot gemacht. Und auch der Energieversorger Eon will eine führende Rolle in der Offshore-Windenergienutzung übernehmen. Bis 2011 plant der Konzern vor den deutschen Küsten Anlagen mit einer Gesamtleistung von 500 Megawatt zu bauen. Das entspricht dem Verbrauch von 25.000 Haushalten.

„Das Engagement großer Konzerne wird die Branche verändern“, sagt Mathias Hochstätter, Sprecher des Bundesverbandes Windenergie. Dennoch sieht er in dieser Entwicklung prinzipiell kein Problem: „Der Umwelt ist es egal, wer den Windstrom produziert.“ Die früher von den etablierten Konzernen belächelte Windenergiebranche wird zum gefragten Investitionsobjekt. Das hat einen einfachen Grund: Die Wachstumsaussichten und damit auch die Verdienstmöglichkeiten sind groß.

Nach einer Schätzung des Deutschen Windenergie-Institutes wird sich das Volumen des weltweit durch Windkraft erzeugten Stroms bis 2020 im Vergleich zu 2006 verdoppeln. Allerdings sind dafür große Investitionen nötig. Allein für das Re-Powering, also den Austausch kleinerer und älterer Anlagen durch leistungsstärkere moderne Generatoren, werden nach Branchenschätzungen in den kommenden 15 Jahren rund 40 Milliarden Euro fällig. Hinzu kommen rund 7,5 Milliarden Euro, die bis 2015 in Windparks auf der Nord- und Ostsee fließen. Einen davon, rund 40 Kilometer nordwestlich der ostfriesischen Insel Juist, will Eon bauen. Der Konzern betreibt bereits Windparks vor den Küsten Großbritanniens und Dänemarks. „Wir sind keine Überzeugungstäter, weder bei Atom noch bei Wind. Wir machen, was sinnvoll ist und sich rentiert“, sagte ein Eon-Sprecher der taz.

Und dafür sorgt in diesem Falle das Infrastrukturbeschleunigungsgesetz. Das ist allgemein für die schnellere Abwicklung von Großvorhaben gedacht, enthält aber auch wichtige Passagen für die Offshore-Windenergie. Diese besagen, dass das Verlegen von Stromleitungen zu den Offshore-Windanlagen sowie die Stromübertragung in Zukunft nicht von den Windkraft-Investoren bezahlt wird, sondern von den Netzbetreibern. Die Regelung gilt für Windparks, deren Bau bis zum 31. 12. 2011 begonnen wird. Das sorgt für Rechtssicherheit bei künftigen Investitionen in deutschen Gewässern. Die Aufgeschlossenheit gegenüber der Windenergie bei Eon hätten sich die Initiatoren des Bürger-Windparks Butendiek beim Anschluss ihrer Anlage gewünscht. „Das Unternehmen war nie sehr kooperativ“, sagt Mitinitiator Hans-Detlef Feddersen.

Butendiek ist eines von mehr als 20 genehmigten Offshore-Projekten, die aber wegen zu geringer finanzieller Förderung noch nicht gebaut wurden. Die Butendieker waren lange die Einzigen, die ohne einen großen Konzern aus der Energiewirtschaft ins Rennen gingen. „Doch bei 9,1 Cent Stromvergütung in Deutschland, im Gegensatz zu 13 Cent im internationalen Vergleich, und höheren Baukosten auf Grund größerer Wassertiefe vor den deutschen Küsten war die Finanzierung nicht zu schaffen“, sagt Butendiek-Initiator Hermann Albers.

Hinzu kamen die Kosten für den Netzanschluss. Über 100 Millionen Euro hätte die Kabeltrasse gekostet. „Das Infrastrukturbeschleunigungsgesetz wäre attraktiv für uns gewesen. So hätten wir es vielleicht allein geschafft.“ Mit dem irischen Unternehmen Airtricity holten sie sich stattdessen einen finanzkräftigen Partner mit ins Boot. So ist das Projekt keine reine Bürgeranlage mehr. Die Butendieker handelten aber die Möglichkeit aus, nach Fertigstellung bis zu 50 Prozent der Anteile zurückzukaufen. Im März werden die endgültigen Verträge geschlossen.

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