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Medienhochzeiten

Die kanadische Thomson-Gruppe greift nach Reuters, Rupert Murdoch will Dow Jones nebst „Wall Street Journal“ – und Microsoft verfolgt Yahoo!

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Obwohl in der Autobranche nach den Elefantenhochzeiten der Firmen bereits die Scheidungswelle anrollt, sorgen im globalen Medien- und Internetgeschäft drei mögliche Konzernehen in diesen Tagen für Aufregung.

Nach unbestätigten Medienberichten führten der US-Softwarekonzern Microsoft und der Internetportal-Betreiber Yahoo! Fusionsgespräche. Außerdem bestätigte der kanadische Finanzdaten-Dienstleister Thomson Financial, dass er Übernahmegespräche mit der britischen Nachrichtenagentur Reuters führe. Und die Pläne des Medienmoguls Rupert Murdoch, der gerne für 5 Milliarden US-Dollar den Medienkonzern Dow Jones schlucken würde, trieben kurzfristig die Aktien an der Wall Street in die Höhe.

Murdoch, 76, würde gerne durch den Kauf des Dow-Jones-Hauses das angesehene Wirtschaftsblatt Wall Street Journal besitzen. Allerdings blitzte der Medienzar vorerst bei der Bancroft-Familie ab, die eine Stimmrechtsmehrheit bei Dow Jones hält. Doch Murdoch weiß und hat es immer wieder bewiesen: Ein langer Atem ist notwendig. Er ist sich gleichzeitig sicher, dass die Finanznot beim angeschlagenen Dow Jones ein Umdenken beschleunigen wird. Branchenbeobachter berichten, dass Murdochs News Corporation in den USA dem dominierenden Finanznews-Sender CNBC mit einem neuen Kabelfernsehsender Konkurrenz machen will. Der Kauf von Dow Jones inklusive des Wall Street Journals und der angesehenen Börsenwochenzeitung Barron’s wäre dazu ideal.

Das Journal, wie es kurz genannt wird, ist in den USA die mit Abstand wichtigste Wirtschaftszeitung und hat mehr als 900.000 zahlende Online-Abonnenten. Die Dow-Jones-Aktie war vergangene Woche, nachdem Murdochs Kaufabsichten durchgesickert waren, rasant gestiegen und notierte zum Wochenschluss mit 55,80 Dollar nicht sehr weit unter dem vom Medienmogul gebotenen Preis von 60 Dollar je Anteil. Murdoch scheiterte aber vorerst am allgemeinen Misstrauen, er benutze seine Medien, um seine eigenen politischen und geschäftlichen Interessen zu propagieren.

Unterdessen greift auch Thomson Financial öffentlich nach einer Ikone der Wirtschaftswelt: Das kanadische Unternehmen will den traditionsreichen britischen Nachrichten- und Finanzinformationskonzern Reuters übernehmen. Reuters und Thomson sind die weltweite Nummer zwei und drei im Daten- und Finanzinformationsbereich für Banken, Investment sowie andere Finanzdienstleister.

Thomson will nach US-Berichten mit einem Reuters-Kauf dem globalen Branchenführer Bloomberg in diesem lukrativen Informationsgeschäft stärkere Konkurrenz machen. Das zukünftige Tandem soll Thomson-Reuters heißen.

Auch was erneute Kaufabsichten von Microsoft angeht, kocht die Gerüchteküche zurzeit heftig vor sich hin: Angeblich soll Microsoft für die Internetsuchmaschine Yahoo! 50 Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 37 Milliarden Euro) hinblättern. Damit wolle der Konzern dem Suchmaschinen- und Online-Anzeigen-Branchenführer Google künftig das Leben schwerer machen. Die Gespräche zielten auf etwas weniger als eine Fusion, aber auf etwas Bedeutenderes als auf eine bloße Kooperation hin, hieß es gestern in den US-Medien.

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