Kein Fußbreit den Antifaschisten

Wenn friedlicher Protest justiziabel wird und ein Konzert zur Bedrohung für die kleinstädtische Ordnung: In Hildesheim und Pinneberg nehmen Polizei und Staatsanwaltschaft Aktionen gegen Rechtsradikale ins Visier

Bis zu den Aktionen gegen Rechts ist es noch einige Zeit hin. Schon jetzt aber haben eine Antifa-Initiative im Hamburger Speckgürtel sowie ein niedersächsischer Grünen-Politiker Ärger mit Polizei und Staatsanwaltschaft. Wie berichtet, wollen am 24. Februar Freie Kameradschaften in Hildesheim aufmarschieren. Grund genug für Klaus Schäfer, Chef der grünen Kreistagsfraktion, Gegenaktionen mitzutragen. Unlängst aber erfuhr er, dass gegen ihn ermittelt werde.

Was war geschehen? Als Sprecher des „Bündnisses gegen Rechts“ war Schäfer in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung mit dem Satz zitiert worden: „Wir wollen die Route der Rechten blockieren.“ Diese Ankündigung könnte nach Angaben von Oberstaatsanwalt Bernd Seemann einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz darstellen. „Schon überraschend“, meint Schäfer, denn „blockieren“ sei doch im übertragenen Sinne gemeint. „Wenn ein rechter Marsch schon nicht verboten wird“, sagt er, „dann wollen wir mit politischen Mitteln ihn zumindest einschränken.“ Eine Anklage sorge ihn aber wenig.

Weniger gelassen konnte die Antifa-Initiative um Jan Mayer (Name geändert) reagieren: In Pinneberg wollte sie ein Konzert unter dem Motto „Reagieren statt tolerieren – Keinen Fußbreit dem Faschismus“ veranstalten. Anlass seien die neuen Aktivitäten der Neonazis, erzählt Mayer: Diese würden am Pinneberger Bahnhof „abhängen“. Er selbst, wie auch eine junge Frau, die „links aussieht“, seien bereits angegriffen worden. Im Geschwister-Scholl-Haus sollten daher am 2. März „Surfits“, „Subversiv“ und weitere Bands auftreten. Flyer und Plakate waren entworfen, da teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit, sie würden keine „durchgestrichenen Hakenkreuze“ zulassen – oder sonstige „Dinge“, die die Rechten provozieren könnten. Auch das Motto wurde untersagt.

So wurden die Symbole entfernt und ein neuer Titel gefunden: „Konzert gegen rechte Gewalt und für ein friedliches miteinander aller Völker“. Nun hieß es seitens der Behörden, dass jeder Konzertbesucher, der ein durchgestrichenes Hakenkreuz trage, festgenommen werde. Und dass das Konzert sofort abgebrochen werde, falls irgendwo in der Stadt etwas passiere.

Jan Mayer ist sich sicher: Statt gegen die erstarkenden Rechten vorzugehen, gehen Polizei und Staatsanwaltschaft die sich entwickelnde Antifa-Szene an. Einschüchtern lässt die Initiative sich nicht: „Wir planen ein neues Konzert.“ ANDREAS SPEIT