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„Wir bringen Buntes zusammen“

Der Integrationspreis „Berliner Tulpe“ geht auch an das AWO-Projekt „Buntes Kreuzberg“. Teilweise seien die Vorstellungen über den Bezirk haarsträubend falsch, sagt Initiatorin Filiz Müller-Lenhartz

INTERVIEW ALKE WIERTH

taz: Frau Müller-Lenhartz, was ist die „Aktion Buntes Kreuzberg? Ist Kreuzburg nicht bunt genug?

Müller-Lenhartz: Bunt schon, aber nicht gemeinsam bunt. Wir bringen das Bunte zusammen, damit es ein gemeinsames wird.

Wen bringen Sie zusammen?

Alle Anwohner: alte und junge jedweder Herkunft. Und auch Leute, die Kreuzberg mögen, aber anderswo wohnen. Zu uns kommen Menschen türkischer und griechischer, deutscher und spanischer, iranischer, polnischer, bosnischer und kroatischer, auch russischer beziehungsweise jüdischer Herkunft.

Und wie bringen Sie die zusammen?

Indem wir einen gemeinsamen Nenner finden. Und der heißt Kreuzberg. Wir machen Touren und Führungen durch den Bezirk, seine Museen, seine verschiedenen Gotteshäuser. Wir feiern gemeinsam und wir machen unsere jährliche Kiez-Putz-Aktion. So entsteht ein Dialog. Für mich ist immer wieder faszinierend, wie groß die gegenseitige Neugier ist. Viele unserer Besucher sind ja zeit ihres bisherigen Lebens nicht viel in Kontakt zu Deutschen, zu Menschen anderer ethnischer Herkunft oder Religion gekommen. Die Älteren haben gearbeitet, sie haben sich um ihre eigene Familie gekümmert. Nun können sie hier ganz neue spannende Erfahrungen machen.

Was bedeutet Kreuzberg Ihnen persönlich?

Es ist mein Zuhause: ein Ort, an dem man sich wohlfühlen kann, mit südländischer Atmosphäre und voller herzerfrischender Nischen: nette Nachbarschaften, nette Läden, tolle Projekte.

Derzeit wird Kreuzberg in ganz anderen Farben diskutiert: als No-go-Area für die Polizei, als Bezirk, in dem die Herrschaft renitenter junger Zuwanderer quasi kurz bevorsteht …

Vorfälle wie den im Wrangelkiez oder an der Eberhard-Klein-Schule ignorieren wir nicht. Wir leben ja mittendrin in diesem Kiez, und hier gibt es eben viele Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit der Jugendlichen. Trotzdem sind die Vorstellungen, die außerhalb des Bezirks über Kreuzberg bestehen, teilweise haarsträubend falsch. Ich habe mich hier nie bedroht gefühlt. Unsere Senioren und Seniorinnen fühlen sich teilweise auf der Straße abends nicht sicher. Das betrifft aber vor allem die, die von außerhalb des Bezirks zu uns kommen. Denen ist die Szenerie beispielsweise des Kottbusser Tors nicht vertraut. Das macht ihnen Angst, wenn da Drogenabhängige herumstehen.

Denen, die glauben, solchen Problemen mit interkulturellem Dialog und interreligiösen Festen begegnen zu können, wirft man heute gerne Naivität und Blauäugigkeit vor.

Ich glaube nicht, dass wir blauäugig sind. Gerade weil es alle diese Probleme gibt, weil nicht alles eitel Sonnenschein ist, muss man die Gelegenheit zu solchen Begegnungen schaffen. Nur so kann man das friedliche Zusammenleben stärken. Und so schlimm die Lage auch ist: sie ist ja in allen Familien, die zu uns kommen, ähnlich – egal, welcher Herkunft oder welcher Religion. Wenn die Menschen das sehen und begreifen, ist schon viel gewonnen. Und außerdem: Man darf auch in einem harten Überlebenskampf nach ein bisschen Spaß suchen. Das versuchen wir hier.

Heute bekommt Ihr Projekt die Berliner Tulpe und damit ein Preisgeld von 2.500 Euro. Haben Sie sonst noch Wünsche?

Ja. Ich wünsche mir, dass unser Begegnungszentrum in der Adalbertstraße und unser Team, mit dem wir seit Jahren zusammenarbeiten, erhalten bleibt.

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