: „Zurück zu den Wurzeln“
KARSTADT Der Konzern hat unter dem neuen Eigentümer eine Chance, wenn er sich an den Bedürfnissen der älteren Kundschaft orientiert, sagt Wirtschaftsprofessor Peter Rose
■ lehrt Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Bremen. Er beschäftigt sich u. a. mit Kundenbindungsmanagement.
INTERVIEW HANNES KOCH
taz: Herr Rose, der Warenhauskonzern Karstadt hat einen neuen Eigentümer. Auf Nicolas Berggruen folgt der österreichische Investor René Benko. Müssen nun etwa 20 der 83 Filialen geschlossen werden?
Peter Rose: Vermutlich wird die Sanierung nicht funktionieren, ohne dass einige Geschäfte besonders in kleineren Städten ihren Betrieb einstellen. Manche Filialen sind zu klein, um ausreichend rentabel zu sein.
Warum ist Berggruen an der Sanierung gescheitert?
Er hat falsche Entscheidungen getroffen. Seine Manager wollten Karstadt am Geschmack einer jungen Zielgruppe ausrichten. Damit haben sie jedoch ihre wichtigsten Kunden verprellt. Am Beispiel des Hauses hier in Bremen habe ich gesehen, dass sich die Stammkunden nicht mehr zurechtfanden.
Die Konkurrenz für traditionelle Warenhäuser ist hart: Elektronik- und Textilketten, Shoppingmalls und das Internet. Wie könnte ein überlebensfähiges Konzept für Karstadt aussehen?
Zurück zu den Wurzeln. Zum Konzept des Warenhauses gehören Qualität, gehobenes Preisniveau und die Orientierung an den Bedürfnissen einer gesetzteren Klientel. Karstadt sollte den demografischen Wandel ernst nehmen und sich auf die Bedürfnisse der Generation 60 plus einstellen, die in den kommenden Jahrzehnten einen wachsenden Anteil der Bevölkerung ausmacht. Das fängt schon bei vermeintlich kleinen Dingen an: großen Preisschildern, die gut zu lesen sind, leichten, manövrierbaren Einkaufswagen, breiten Gängen, viel Platz, Vitrinen mit Exponaten, ein Hauch des Besonderen. Und ganz wichtig: fachkundige Beratung.
Schon eine kleine Recherche im Internet liefert zahllose Informationen über einzelne Produkte, Erfahrungsberichte von anderen Verbrauchern inklusive. Welchen Mehrwert kann die Beratung im Geschäft da noch bieten?
Es geht um die persönliche Interpretation und Ansprache. Die Verkäuferinnen und Verkäufer müssen sagen können: Dieses Produkt empfehle ich Ihnen, weil ich es selbst zu Hause benutze. Karstadt-Kunden möchten individuell behandelt werden. Das sind sie auch so gewöhnt.
Es gibt bei Karstadt ja auch immer noch Spezialabteilungen für Lebensmittel oder Mode. Kann das Warenangebot in einem Warenhaus so groß und gut sein, dass die Verbraucher nicht trotzdem zu den Expertengeschäften abwandern?
Das Management sollte sich genau überlegen, mit welchen Konkurrenten man sich messen will. In der Mode keinesfalls mit H&M, einer Kette, die junge Leute anspricht, die nicht viel Geld haben. Karstadt konkurriert eher mit Boutiquen und individuellen Modegeschäften. Man sollte beispielsweise Kleidung anbieten, die 60-jährige Großeltern zur Taufe ihrer Enkel tragen können. Diese Produkte müssen attraktiv und in großer Auswahl präsentiert werden. Dann werden die Kunden auch den Weg zu Karstadt finden.
Wie wichtig ist es heute noch, dass die Käufer mehrere Produktbereiche unter einem Dach finden und auf der Suche nach verschiedenen Konsumgütern nicht durch die Stadt fahren müssen?
Das ist nicht so entscheidend. Die Karstadt-Häuser stehen ohnehin in den Innenstädten, sodass die Kunden schnell zu anderen Anbietern nebenan gelangen. Die neuen Eigentümer sollten die Angebotsvielfalt begrenzen und sich auf die Produktbereiche beschränken, in denen sie der Zielgruppe einen Mehrwert bieten können. Das ist möglich, denn die Marke Karstadt hat in Deutschland noch immer einen guten Ruf.
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