: Klimasiegel fürs Auto
VON TARIK AHMIA
Politiker überschlagen sich mit neuen Vorschlägen zum Klimaschutz. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kündigte am Wochenende eine Ökoplakette an, die in Zukunft den Energieverbrauch von neuen Autos angeben soll. „Wir brauchen ein einfaches System wie bei Kühlschränken oder Waschmaschinen, wo jeder mit einem Blick den Energieverbrauch eines Neuwagen erfassen kann“, sagte Tiefensee der Welt am Sonntag. Für das Auto-Ökosiegel will Tiefensee in Kürze ein Konzept vorlegen. Das neue Energielabel ist eine weitere Maßnahme der Bundesregierung, den klimaschädlichen Auswirkungen des Autoverkehrs Rechnung zu tragen.
Zuvor hatte die Bundesregierung angekündigt, die Kfz-Steuer künftig am Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu bemessen. Tiefensee forderte die Autoindustrie am Wochenende auf, mehr für den Klimaschutz zu tun: „Ich kann noch nicht erkennen, dass die Autohersteller diesen Mentalitätswechsel in seiner vollen Bedeutung erkannt haben.“ Noch weiter reichende Vorschläge kommen von der CSU: Sie will in einigen Jahren Verbrennungsmotoren ganz verbieten: „Ab 2020 dürfen nur noch Autos zugelassen werden, die über einen umweltfreundlichen Antrieb verfügen“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Söder dem Spiegel. Von da an müssten herkömmliche Motoren durch Wasserstoff- und Hybridtechnik abgelöst werden. „Grüne Motoren schaffen neue Arbeitsplätze“, sagte Söder.
Die Autoindustrie reagiert zunehmend gereizt auf die Ratschläge der Politik. „Wir sind keine Schmutzfinken“, sagte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Wiedeking richtete scharfe Vorwürfe gegen die Klimaschutzvorgaben der EU-Kommission für die Autoindustrie. Diese plant, den CO2-Ausstoß von Neuwagen ab 2012 im Durchschnitt auf 130 Gramm pro Kilometer zu begrenzen. Das dürfte vor allem den Oberklasse-Herstellern schwerfallen. „Würden die 130 Gramm zur Pflicht für alle Hersteller, könnten wir die Produktion einstellen“, sagte Wiedeking. Kleinwagen allein seien keine Perspektive. „Die Trabi-Dominanz hatten wir doch schon mal in einem Teil Deutschlands; der Sozialismus würde dann auf unseren Straßen wieder fröhliche Urständ feiern.“ Gleichzeitig kündigte der Porsche-Chef eine sparsamere Hybrid-Version der Typen Cayenne und Panamera bis zum Ende des Jahrzehnts an. Der Hybrid-Cayenne soll Wiedeking zufolge weniger als neun Liter Benzin pro 100 Kilometer verbrauchen. Bisher schluckt ein konventioneller Cayenne knapp 13 Liter, im Stadtverkehr sogar 18,5 Liter.
Prominenten Beistand bekamen die Autokonzerne am Wochenende von EU-Industriekommissar Günther Verheugen (SPD). „Wir dürfen die europäische Autoindustrie nicht zum alleinigen Sündenbock für den Klimawandel machen“, sagte er der Bild am Sonntag. Verheugen warnte vor einer Politik, die Produktion größerer Autos aus der EU vertreibe. „Europa verursacht nur einen relativ geringen Teil der weltweiten CO2-Emissionen.“ Die wichtigste Aufgabe der EU sei es, dafür zu sorgen, dass sich die USA, China, Indien und Russland beim Klimaschutz stärker engagieren.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach sich in der Welt am Sonntag für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen aus. Nach Angaben des Umweltbundesamtes ließe sich der CO2-Ausstoß von Pkws bei einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 10 bis 30 Prozent reduzieren. Der Umweltminister könnte jedoch schon bei der Fahrzeugwahl bei sich selbst anfangen: Laut Deutscher Umwelthilfe fährt er in einem Audi A 8, der 249 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen