: Foto-Firma im Würgegriff von Hegdefonds
Bei Cewe Color fordern US-Finanzinvestoren Einfluss und Rendite. Doch das Management versucht sich zu wehren
HANNOVER taz ■ „Einfach schöne Fotos“, lautet der Slogan von Cewe Color. Jede Menge Bilder von verunsicherten Aktionären ließen sich gestern bei der Hauptversammlung von Europas größtem Foto-Dienstleister schießen. „Ich hoffe“, sagte ein Aktionär, „dass Cewe nicht an die Heuschrecken verfüttert wird.“ Hunderte Anteilseigner waren zum Firmensitz nach Oldenburg gekommen, um über die Zukunft der Firma mit etwa 3.000 Mitarbeitern in 23 Ländern zu entscheiden.
Die Oldenburger, die jährlich etwa 3 Milliarden Fotos fertigen, befinden sich im Würgegriff von Hedgefonds. US-amerikanische Finanzinvestoren wie Marcap und K Capital Partners besitzen rund 40 Prozent des stimmberechtigten Kapitals – und fordern Einfluss und Rendite.
Die Fonds prangern Management und Aufsichtsrat öffentlich an, weil sie die Umstellung von der analogen zur Digitalfotografie „verschlafen“ hätten. Den Cewe-Bossen sei der Aktienkurs „egal“, die „ewige Restrukturierung“ des Unternehmens führe zu „Kapitalvernichtung“, ätzt Marcap-Chef David Marcus auf einer eigens eingerichteten Internetseite.
Die Hedgefonds forderten gestern erneut, dass bei Cewe die Köpfe rollen. „Sie haben alles Augenmaß verloren. Aufsichtsrat und Vorstand sollten zurücktreten“, sagte einer ihrer Sprecher. Zudem wollten sie auf der Hauptversammlung eine mit Krediten finanzierte Sonderausschüttung in Höhe von 120 Millionen Euro erzwingen.
Cewe-Vorstand Rolf Hollander versprach gestern nur ein Fünftel davon. Das Kapital werde für Zukäufe gebraucht. „Deswegen“, sagte Hollander, „sind Sonderausschüttungen jetzt nicht angebracht.“ Zudem musste sich der Cewe-Chef gegen den Vorwurf der Kursmanipulation wehren.
In der vergangenen Woche war der angebliche Inhalt eines Gesprächs zwischen ihm und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hubert Rothärmel öffentlich geworden. Dabei sollen sich die beiden darauf geeinigt haben, den Cewe-Aktienkurs zu drücken, damit die ungeliebten Heuschrecken abspringen. Der Hörer eines Telefons, das in dem Raum stand, soll nicht richtig aufgelegt gewesen sein. Und so soll ein unbekannter „Insider“ das Gespräch belauscht und mitgeschnitten haben.
„Es hat keinen verbotenen Insiderhandel gegeben, es hat keine Kursmanipulation gegeben“, sagte Hollander gestern. Der Vorwurf, dass der Kurs der Cewe-Aktie gedrückt werden sollte, sei „völlig absurd“. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft wegen der Telefonaffäre Vorermittlungen eingeleitet, auch die Bundes-Finanzaufsicht prüft.
Ob die Hedgefonds mit ihren Forderungen genug Kleinaktionäre auf ihre Seite ziehen konnten, war bis Redaktionsschluss nicht bekannt. Der parteilose Oldenburger Oberbürgermeister Gerd Schwandner hatte aber angekündigt, auf der Versammlung das Wort zu ergreifen. Schwandner hält Cewe-Aktien im Wert eines „Kleinwagens“ – und zeigte sich überzeugt, dass die Hedgefonds gebremst werden können. Er versprach, das Management zu unterstützen, damit die 1.000 Jobs allein in Oldenburg erhalten bleiben. Allerdings hat er Angst vorm langen Atem der Investoren: „Aus amerikanischer Sicht passiert ja nichts, wenn sie die Firma hier ausräubern.“ KAI SCHÖNEBERG
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