piwik no script img

NRW-CDU will Gesetze jetzt anwenden

Weniger Bewährungsstrafen, schnelle Sanktionen, kein harter Alkohol für Jugendliche: Auf dem Landesparteitag am Samstag will die CDU ihr Sicherheitsprofil schärfen. Ihre Vorschläge entsprechen allerdings geltendem Recht

DÜSSELDORF taz ■ Am Wochenende will die CDU in NRW die Kriminalität abschaffen: In ihrem Leitantrag zum Landesparteitag in Siegburg „Jugend schützen. Gewalt bekämpfen. Härter durchgreifen“ will sie ein neues Konzept gegen jugendliche Verbrecher vorlegen. „Wir beschließen keine Gesetzesentwürfe“, sagt CDU-Sprecher Matthias Heidmeier. Aber der Beschluss werde an alle Fraktionen weiter geleitet und dann „eins zu eins umgesetzt werden“.

Weitreichende Folgen wird der Beschluss allerdings nicht haben. Die Mehrzahl der Ideen sind bereits bestehendes Recht: So fordert die CDU, rückfälligen Tätern (die in großer Mehrheit männlich sind), keine zweite Bewährungsstrafe zu gewähren. Heranwachsende, also Menschen zwischen 18 und 21 Jahren, sollen nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. „Das ist längst vorgesehen“, sagt die Bonner Strafrechtlerin Ingeborg Puppe. Nur wenn der Delinquent in seiner sozialen oder geistigen Entwicklung noch auf dem Stand eines Teenagers ist, wurde er bislang nach dem weicheren Jugendrecht verurteilt. Auch werde bislang Bewährung nur dann gewährt, wenn der Jugendliche eine günstige „Sozialprognose“ erhalte, er also wahrscheinlich nicht rückfällig wird. Ob die RichterInnen dieses Gesetz nicht genau angewandt haben, wisse sie natürlich nicht, sagt Puppe. „Die Rechtslage ist aber so.“ Ihrer Ansicht nach sei das Strafrecht ein Dauerthema – und vor allem dann in den Medien, wenn eine besonders grausame Tat passiert sei. „Das Strafrecht kann aber niemals das ausbessern, was schon an den Schulen oder in den Familien versäumt wurde“, so die Professorin.

Auch in die Familien will die CDU hineinregieren. „Sie ist die wichtigste Erziehungsinstitution“, heißt es in dem Antrag. CDU-Familienminister Armin Laschet hat hat den Antrag selbst federführend verabschiedet. Auch hier belassen es die Christdemokraten bei einem Appell: Eltern dürften ihre Kinder nicht verwahrlosen lassen, der „Handel mit Drogen soll unterbunden werden“. Ebenso sollen Jugendliche bei Großveranstaltungen keinen hochprozentigen Alkohol kaufen können – auch das ist geltendes Recht. „Wir haben uns für dieses Thema entschieden, weil es den Leuten auf den Nägeln brennt“, sagt Sprecher Heidmeier. Sie hätten ungewöhnlich viele Anträge aus den Kreisverbänden erhalten, was für „ein hohes Interesse“ spräche.

Auch Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter hat dem Papier „ihre Handschrift aufgedrückt“, sagt ihr Sprecher Ralph Neubauer. Ihr liege vor allem die so genannte „gelbe Karte“ am Herzen. Jugendliche sollen nach der Straftat noch am selben Tag mit ihren Eltern auf die Polizei, das Jugendamt und die Staatsanwaltschaft treffen. Auch dieser Vorschlag ist bereits umgesetzt: Zuerst in Remscheid, mittlerweile auch in zehn weiteren Kommunen erhalten Delinquenten die gelbe Karte. Und mit Erfolg – bislang wurden die Jugendlichen dort wesentlich seltener rückfällig als bei konventionellen Verfahren.

Neu ist nur die Forderung nach Erziehungscamps. Auch sie bleibt vage: Die Landesregierung solle die „Möglichkeit prüfen“, solch eine Institution auch in NRW zu etablieren. Der einzig scharfe Angriff der CDU erfolgt auf den Koalitionspartner FDP. Ihr Innenminister müsse sich der Kriminalität stärker annehmen, so die Christdemokraten. Allerdings: Alle Vorschläge richten sich an die CDU-geführten Familien- und Justizministerien. „So versucht die CDU, ihren Ideen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen“, sagt FDP-Generalsekretär Christian Lindner.

ANNIKA JOERES

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen