: Noch nicht die ganz große Wende
KLIMA II China: Energiehunger bleibt riesig. Regierung reagiert auf wachsende Umweltprobleme im eigenen Land
AUS PEKING FELIX LEE
Einen günstigeren Zeitpunkt für die Ankündigung ihrer neuen Klimaziele hätten die Staatschefs der beiden größten Treibhausgassünder China und USA nicht wählen können. Am Mittwoch strahlte der Himmel über der chinesischen Hauptstadt im schönsten Blau – ein inzwischen seltener Anblick. Normalerweise versinkt Peking im November in dichtem Smog. In der chinesischen Hauptstadt und den umliegenden Provinzen werden dann die Heizungen eingeschaltet; die Kohlekraftwerke laufen auf Hochtouren, verpesten die gesamte Stadt mit feinem Kohlestaub und pusten gewaltige Mengen an klimaschädlichem Kohlendioxid in die Luft.
Die chinesische Führung hatte allerdings kräftig nachgeholfen, um die Luft so klar zu kriegen: Aus Sorge um ihr internationales Image hatte sie für den in Peking tagenden Gipfel der asiatisch-pazifischen Staaten (Apec) unter anderem sämtlichen Fabriken den Betrieb untersagt.
Doch auch, wenn keine Staatschefs aus anderen Ländern in Peking weilen, ist die chinesische Führung inzwischen zu der Erkenntnis gelangt, dass es mit Chinas gigantischem Ausstoß an klimaschädlichem CO2 nicht ewig so weitergeht. Derzeit liegt der Anteil Chinas an den weltweiten Emissionen bei fast 20 Prozent. Etwa die Hälfte der weltweit verbrauchten Kohle entfällt auf das Reich der Mitte. Kein Land bläst so viel Kohlendioxid in die Luft wie China.
Dabei wirkt sich der Klimawandel längst auch auf China aus. Im Norden und Westen des Landes weiten sich die Sand- und Geröllwüsten immer weiter aus. Zentralchina ist seit Jahren regelmäßig von Dürren geplagt. Im Süden des Landes kam es auch in diesem Sommer wieder zu verheerenden Überschwemmungen. Auf dem Klima-Risiko-Index der Umweltorganisation Germanwatch belegt China regelmäßig die vorderen Plätze.
Einiges hat Peking zum Klimaschutz durchaus auch schon beigetragen. So hat China 2013 mit rund 12.000 Megawatt dreimal so viele neue Solaranlagen gebaut wie im Jahr zuvor. Das ist mehr, als in jedem anderen Land errichtet wurde. Insgesamt 75 Gigawatt an erneuerbarer Energiekapazitäten kamen dazu. Doch der Energiehunger des weiter rasant wachsenden Landes bleibt groß. Zugleich sind knapp 40 Gigawatt neuer Kohlekraftkapazitäten hinzugekommen. Die ganz große Energiewende wird in China noch auf sich warten lassen.
Hinter der Einigung mit den USA steckt, so glaubt Chinaexperte Jost Wübbek vom Berliner Merics-Institut, letztendlich die Sorge der Pekinger Regierung um das Image der Volksrepublik: „Falls in Paris 2015 bei der Verhandlung des Post-Kioto-Protokolls wieder etwas schiefläuft, will das Land nicht wieder wie 2009 in Kopenhagen als Alleinschuldiger dastehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen