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SARKOZY – EIN STARKER PRÄSIDENT MIT PARTEIINTERNEN PROBLEMENGebremster Durchmarsch

Nach dem ersten Wahlgang bei den französischen Parlamentswahlen lautete das Resultat bei den Direktmandaten 109:1 für Sarkozys UMP gegen die Sozialistische Partei. Leitartikler wie Wahlforscher prognostizierten den Sozialisten ein Debakel wie 1993, als sie von 275 Sitzen 218 verloren und mit 57 Abgeordneten ins Parlament zurückkehrten.

Das Ergebnis vom Sonntag ist eine Überraschung und eine Warnung an Sarkozy. Statt einer Zweidrittelmehrheit erreichten UMP und Neues Zentrum „nur“ eine absolute Mehrheit (344) und verloren rund 50 Sitze. Die Sozialisten gewannen knapp 60 hinzu und kommen auf 207 Sitze von insgesamt 577. Mit der geplanten Verfassungsänderung wird es also nichts werden. Sarkozy wollte den Artikel 18 ändern, der es ihm verbietet, persönlich in der Nationalversammlung aufzutreten. Wie Charles de Gaulle mit seinen legendären Fernsehauftritten wollte er sich als Präsident aller Franzosen und Dompteur der politischen Klasse im Parlament inszenieren.

Zwei Gründe gibt es für die Niederlage: Im letzten Moment lancierten die Konservativen den Plan einer „sozialen Mehrwertsteuer“. Man wollte dem Volk eine Mehrwertsteuererhöhung um 5 Prozentpunkte (von 19,6 auf 24,6 Prozent) als „sozial“ verkaufen, da im Gegenzug die Sozialabgaben gesenkt werden könnten und damit die Abwanderung von Arbeitsplätzen ins Ausland verhindert würde. Wähler der Linken wie aus der Mitte erkannten diese Rabulistik als das, was sie ist: neoliberale Augenwischerei. Der zweite Grund für die Niederlage ist wohl die Wahlabstinenz konservativer Wähler, die den Sieg schon sicher glaubten.

Sarkozy hat eine Mehrheit, und er kann durch seinen Freund François Fillon regieren lassen. Doch der wird das nicht mit dem Tempo tun können, das er angekündigt hatte. Und er hat ein Problem mit der parteiinternen Machtbalance: Trotz des demonstrativen Umstiegs aufs Fahrrad ist der designierte Umweltminister Alain Juppé nicht gewählt worden und kann deshalb nicht Superminister werden. Juppé ist der Häuptling des Chirac-Flügels in der Partei. Ohne diesen oder gar gegen diesen kann kein Präsident und kein Premierminister regieren. RUDOLF WALTHER

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