: Fünf Minuten bis High Noon
GRÜNE DUELLE
Bremens Grüne werden kommende Woche heimgesucht von gelegentlichen Panikattacken, begleitet von taktisch-spekulativen Gedankenspielen und bangem Füßescharren: Alle blicken auf den ersten Adventssamstag. Denn am 29. 11. stellt die Mitgliederversammlung die Liste für die Bürgerschaftswahl auf. Und außer den drei SenatorInnen und dem Chef der Fraktion haben sich runde sechs Prozent der ParteigängerInnen um Plätze auf dieser Liste beworben.
Das wird eng. Schließlich hat nur ein Drittel von ihnen Aussicht auf einen Sitz in der Bürgerschaft: Ihr Fukushima-verstärktes Allzeithoch von 2011 mit 22,5 Prozent und 18 stadtbremischen Mandaten können die Grünen 2015 wohl nicht erreichen. Zugleich dürften die 47 auch den meisten BremerInnen unbekannten BewerberInnen – 27 Männer, 20 Frauen – ahnen, dass sie kaum Chancen haben, im Mai über die Personenstimmen ins Parlament einzuziehen. Und weil die Grünen nur mit streng gegenderter Liste antreten, fallen sieben Männer schon aus arithmetischen Gründen weg.
Also wird es Streit geben, und das, nachdem die Partei ihr Landtagswahlprogramm vorbildlich offen und nahezu mustergültig harmonisch erstellt hat: Der online gestellte erste Entwurf zog 600 Anregungen auf sich. Von den 300 daraus destillierten Änderungsideen waren am Ende noch 25 strittig – und als am 17. November die Mitgliederversammlung das Programm verabschiedete, geschah das einstimmig. Nein, mehr Frieden gab’s auch bei Petra Kelly zur Weihnachtszeit nicht.
Aber damit ist jetzt Schluss: Die einen wollen ihren Platz nicht aufgeben, die anderen wollen rein. So beschäftigt viele, ob Robert Bücking, der 20 Jahre lang Ortsamtsleiter im szenigen Viertel war, dem aus Hamburg stammenden, mitunter spröde wirkenden Umweltsenator Joachim Lohse Listenplatz vier streitig macht, oder ob er kneift. Und wer dabei wen brüskiert.
Als gewiss gilt, dass um alle folgenden Plätze mindestens Duelle ausgetragen werden – per Fünfminutenrede und mit den furchterregenden Waffen grüner Rhetorik: Weltethos, Retter-Pathos und gefühliger Floskel. Ein bisschen gruselig, aber letztlich auch – ganz unterhaltsam. BES
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