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Die dienende Hauptstadt

INITIATIVE Die Stiftung Zukunft Berlin will einen Hauptstadtpassus in die Berliner Verfassung schreiben

Für manche mag das eine Petitesse sein, für Rupert Scholz ist es ein „schlafendes Thema“, das eines „Weckrufs“ bedürfe. Scholz war mal Justizsenator in Berlin. Mit anderen Würdenträgern a. D., darunter Eberhard Diepgen (Regierender Bürgermeister a. D.) und Christine Bergmann (Arbeitssenatorin a. D.), hat er sich unter dem Dach der Stiftung Zukunft Berlin mit Volker Hassemer (Kultursenator a. D.) Gedanken über die Zukunft Berlins als Hauptstadt gemacht. Die Botschaft: Damit sich die Deutschen mehr mit Berlin identifizieren, müsse die Stadt „eine dienende und weniger eine fordernde Hauptstadt“ sein.

Interessant ist natürlich der Zeitpunkt, an dem die Arbeitsgruppe Hauptstadt der Stiftung an die Öffentlichkeit ging. Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über eine Neuregelung des Solidarpakts und des Länderfinanzausgleichs. Erweisen die Elder Berlinesmen ihrer Stadt am Ende nicht einen Bärendienst?

Volker Hassemer argumentiert andersrum. Solange Berlin nur Ansprüche an andere, aber nicht an sich selbst stelle, werde es auch keine Lösungen bei Fragen wie einem vollständigen Regierungsumzug geben.

Als Anfang einer solchen „Qualifizierung als Hauptstadt“ schlägt die Stiftung deshalb einen neuen Passus in der Berliner Verfassung vor. In Artikel 1 soll es heißen: „Berlin ist durch den Auftrag des Grundgesetzes die Hauptstadt Deutschlands.“ Klingt banal, ist aber auch pfiffig. Mit diesem ersten Schritt wollen Hassemer, Diepgen und Co. nämlich die Diskussion über ein Hauptstadtgesetz vorantreiben. Das wurde zwar beim Berlin-Bonn-Gesetz vom 20. Juni 1991 in Aussicht gestellt, aber nie verabschiedet. „Der Bund fürchtet die Kosten und Berlin um seinen Länderstatus“, erklärte der ehemalige SFB-Chefredakteur Joachim Braun, der ebenfalls für eine „dienende Hauptstadt“ plädiert. Der Befürchtung des Landes kommt der Verfassungsvorschlag entgegen, in dem es auch heißt: „Berlin ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland und zugleich eine Stadt.“

Also doch keine Petitesse? Gar ein gewiefter Schachzug, an dessen Ende Berlin nicht nur selbstbewusster ist, sondern auch reicher? Gut möglich, wäre da nur nicht Eberhard Diepgen. Der nämlich sprach vollmundig von einem „Paradigmenwechsel“ und wetterte gegen die „Subventionsmentalität“ der Stadt. Wie bitte? War da nicht einst Diepgen, der mit seinem „System Westberlin“ die Hand gar nicht genug aufhalten konnte? UWE RADA

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