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Der Bezirk sagt Njet!

SCHULE FÜR ALLE Ein Dorf sträubt sich dagegen

Exemplarische Debatte: „Deshalb haben wir die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule aus tiefer Überzeugung abgelehnt und verhindert“

CDU-Sprecher Schmidt

Die Stadträtin nahm ein Buch zur Hand und las vor. Die Kinder der Hannah-Höch-Grundschule in Berlin freuten sich, und auch die Stadträtin Katrin Schultze-Bernd (CDU) staunte nicht schlecht, was sie in der Schule alles zu sehen bekam: eine Bibliothek, in Eigenregie von einem Elternverein betrieben; ein komplett neu gestaltetes Schulhaus mit verschiebbaren Wänden; und ein völlig neues Lernen – individuell und doch gemeinsam. Die Schule im Brennpunkt Märkisches Viertel gehört zu den interessantesten Schulen Berlins.

Die gegenseitige Neugierde zwischen Stadträtin und Schule hat allerdings nachgelassen, seitdem Schulleiter Michael Tlustek seine Grundschule über die 6. Klasse hinaus fortführen will, um daraus eine „Schule für alle“ zu machen, eine Gemeinschaftsschule. „Wir wissen, was wir wollen“, sagte Tlustek, „das gemeinsame Lernen bringt für die Kinder aus unserem Stadtteil große Vorteile, weil wir ihnen eine Perspektive aufs Abitur geben, die sie sonst oft nicht haben.“

Was Tlustek und die benachbarte Greenwich-Sekundarschule zusammen errichten wollen, will die halbe Nation, alle Bundesländer stellen auf integrierte oder verbundene Sekundarschulen um – außer Bayern und Hessen. Aber auch in Berlin gibt es ein gallisches Dorf, das sich widersetzt: der Bezirk Reinickendorf und seine Schulstadträtin. Sie untersagten der Höch-und der Greenwich-Schule, zusammen Gemeinschaftsschule zu werden. Denn „mit der Reinickendorfer CDU wird es keine weiteren ideologiegetriebenen Experimente in der Schulpolitik geben“. Das Problem: Alle Gremien sind für die Gemeinschaftsschule: die Eltern, die Schule, die Lehrer, selbst der CDU-dominierte Schulausschuss des Bezirks haben für eine Umwandlung in eine Schule für alle votiert, die Kern des Gesamtberliner Schulprogramms ist. Lediglich das Bezirksparlament und die Schulstadträtin sind dagegen. Und weil das so ist, will der Landeselternausschuss nun mit allen Beteiligten sprechen – öffentlich, in der Hannah-Höch-Schule. Eine Debatte, die exemplarisch für die Diskussion in der ganzen CDU steht. TAZ

■ Dienstag, 23. August, 19 Uhr: www.hannah-hoech-schule.net

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