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Mehrheit für freiwillige Pflicht

SPD-Konzept für Wehrdienst laut Umfrage begrüßt. Kritik von der Soldatengewerkschaft

BERLIN dpa/afp ■ Eine große Mehrheit der Deutschen unterstützt einer Umfrage zufolge den SPD-Vorstoß zu einer „freiwilligen Wehrpflicht“. 73 Prozent stimmten der Idee zu, dass Männer ihren Wehrdienst möglichst nur noch freiwillig antreten sollen. 23 Prozent waren dagegen. Das ergab eine gestern in Berlin veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für den Nachrichtensender N24. Der Vorschlag stieß auch bei Unionsanhängern auf Unterstützung. Bei den CDU/CSU-Wählern hielten 55 Prozent die Idee für gut, 39 Prozent lehnten sie ab, hieß es.

Der Bundeswehrverband kritisierte das Konzept der SPD dagegen als „unausgegoren“. Wie die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete, forderte Vorstandsmitglied Andreas Ahammer konkrete Angaben zur Höhe des Solds und zu möglichen Vergünstigungen für freiwillig dienende Soldaten. „Mit der gegenwärtigen Besoldung ist kein junger Mann zufrieden“, zitierte das Blatt den Verbandssprecher. Den Vorschlag, dass die bisherige Zwangsverpflichtung dann wieder greifen soll, wenn sich nicht 60.000 Soldaten freiwillig melden, hält Ahammer zudem für „verfassungsrechtlich bedenklich“. Das habe „mit Wehrgerechtigkeit nichts zu tun“, sagte Ahammer.

Auch die FDP kritisierte den Vorschlag der Sozialdemokraten und forderte stattdessen eine Aussetzung der Wehrpflicht. „Das heißt, wir wollen sie zwar in der Verfassung stehen lassen, jedoch nicht umsetzen“, sagte Fraktionsvize Birgit Homburger. Das gebe der Politik die Möglichkeit, bei Bedarf die Wehrpflicht mit einfacher Mehrheit wieder einzuführen, so die Politikerin.

CDU-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff bezeichnete das Wehrpflichtkonzept der SPD als „Belastung für die verteidigungspolitische Zusammenarbeit in der Koalition“. Jede weitere Entscheidung über die Entwicklung der Bundeswehr werde von dem Problem überlagert sein, dass die SPD eine andere Bundeswehr wolle, als sie im Koalitionsvertrag vereinbart sei, zitierte die Frankfurter Rundschau Schockenhoff am Dienstag.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hält ungeachtet der SPD-Vorschläge für eine Freiwilligen-Bundeswehr an ihren Plänen für einen Ausbau des Zivildienstes fest. „Wir entwickeln ihn zurzeit weiter zu einem Lerndienst fürs Leben“, sagte von der Leyen. Sie verwies auf den Koalitionsvertrag zwischen Union und Sozialdemokraten, in dem die Wehrpflicht festgeschrieben ist. Der Zivildienst als Ersatzdienst ist daran gekoppelt. Im Jahr 2007 treten laut Familienministerium etwa 90.000 junge Männer ihren Zivildienst an.

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