: Berlin gegen Bellizisten
REAKTIONEN Alle Parteien von links bis rechts lehnen eine militärische Hilfe für die Ukraine ab. Marieluise Beck (Grüne) zweifelt am Nichtstun
BERLIN taz | In der Nacht zu Dienstag ist Marieluise Beck aus der ukrainischen Hafenstadt Odessa zurückgekehrt. Die grüne Bundestagsabgeordnete, Sprecherin für Osteuropapolitik ihrer Fraktion, klingt deprimiert. Sie berichtet von ihren Begegnungen mit jungen Ukrainern, denen droht, als Soldaten in der Ostukraine einem hoffnungslos überlegenen Gegner ausgeliefert zu werden. „Ich habe keine Antwort darauf, ob man ihnen nicht lieber raten sollte, das Land zu verlassen, um sich einem solchen Blutopfer zu entziehen.“ Ob sie Waffenlieferungen an die Ukraine befürwortet? Beck antwortet mit einer Gegenfrage, die sie jenen stelle, die sich vehement dagegen aussprächen: „Was bietet ihr für eine Alternative?“ Sie halte es jedenfalls „für keine besonders ethische Position, Soldaten möglichst schutzlos ins Feld zu schicken“.
Mit ihrer Haltung ist Beck im politischen Berlin weitgehend isoliert, auch in ihrer eigenen Partei. Von der Linkspartei und den Grünen über die schwarz-rote Regierungskoalition bis hin zu FDP und AfD: Die Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine ist Allgemeingut.
„Wir fokussieren uns auf eine diplomatische Lösung“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag in Berlin. Das sei „das Gebot der Stunde“. Bereits am Montag hatte Merkel betont, dass nach ihrer Überzeugung „dieser Konflikt nicht militärisch gelöst werden kann“.
Fast wortgleich hat sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) geäußert: „Es wird keine militärische Lösung des Konflikts geben. Es wird allenfalls mehr Tote geben“, sagte er. Der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff und Wolfgang Gehrcke von der Linkspartei äußerten sich ähnlich. Mit ihren Überlegungen „heizen die USA den Krieg in der Ukraine weiter an“, warnte Gehrcke.
Von einem „Spiel mit dem Feuer“ sprach der grüne Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin. „Wenn die USA Waffen an die Ukraine liefern, dann gewinnt die Wettrüsten-Logik des Kalten Krieges wieder die Oberhand“, warnte der frühere Grünen-Fraktionschef.
Trittin und Beck trafen am Dienstag in der grünen Arbeitsgruppe Außenpolitik aufeinander. Es soll eine „sehr harte Auseinandersetzung“ gegeben haben, heißt es. Überzeugt haben sie sich gegenseitig nicht.
PASCAL BEUCKER
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