: Serverpanne behindert Polizeiermittlungen
Eine Woche lang war der elektronische Datenverkehr der niedersächsischen Polizei lahmgelegt – zusammengebrochen unter einer Flut von Spam-Mails. Das führte zu nicht unerheblichen Problemen für die Ordnungshüter
„Ich bekomme meine Spams wieder. Es scheint zu funktionieren“, sagt Joachim Grande. Die Verzweiflung der vergangenen Tage ist seiner Stimme anzuhören. Nicht nur der Sprecher der Braunschweiger Polizei war eine Woche lang von der Kommunikation per Mail ausgeschlossen – mit allen ihren Segnungen wie Flüchen.
Die elektronische Kommunikation der gesamten Polizei in Niedersachsen war blockiert. Eine Flut unerwünschter Mails (Spam) hatte einen Server beim Informatikzentrum Niedersachsen niedergestreckt. 200.000 Mails harrten ihrer Bearbeitung durch die Ordnungshüter im Serverorkus, von der Polizei verschickte Mails kamen mit tagelanger Verspätung beim Empfänger an. Nur interne Mails sowie die so genannte „Online-Wache“ funktionierten.
Das Daten-Problem hat die Arbeit der Ermittler erheblich gestört. Das Foto einer Überwachungskamera, auf dem der mutmaßliche Mörder einer Braunschweiger Prostituierten zu sehen war, habe er nur mit großem Zeitverzug an die Medien schicken können, berichtet Polizeisprecher Grande. Außerdem hätten Anfragen an Telefonprovider, um die Namen von Handybesitzern herauszubekommen, nicht verschickt werden können.
Der Fehler war besonders vertrackt, da die Polizisten nicht mitbekamen, dass ihre Mails gar nicht versendet worden waren. „In meiner Ansicht erschienen die Mails als verschickt“, sagt Grande.
„Der Zusatzserver hat zuverlässig seinen Dienst aufgenommen“, die Polizei-Mails würden nun wieder fließen, sagt Kerstin Gunther, die Sprecherin der zuständigen Zentralen Polizeidirektion am Mittwoch. Derzeit rätseln die Techniker, wie es zu der Riesenpanne kommen konnte. Offenbar hatte das Informatikzentrum Niedersachsen (IZN), wo die elektronische Kommunikation aller Behörden des Landes erledigt wird, in der vergangenen Woche erhebliche Probleme mit Spam-Mails. Pro Woche laufen hier zu Normalzeiten rund 700.000 Mails auf, in der vergangenen Woche waren es rund eine Million pro Tag, neun von zehn waren Spam-Mails. Um Kommunikationsdesaster künftig zu vermeiden, soll die Zahl der Server künftig verdoppelt und ein Notfallplan für künftige Ausfälle bei Polizei und Landeskriminalamt erstellt werden. Eine Attacke von Hackern, die gezielt die Polizei im Visier haben, schließt Gunther aus. Der Grund: Die Spam-Schwemme sei von vielen verschiedenen Absendern verschickt worden.
Nun könne auch wieder Otto Normalverbraucher Mails an die Polizei schicken, sagt Sprecherin Gunther. „Wir antworten immer“.
Ausgefallene Server sind keine Ausnahme: Im August führte eine Server-Panne in Berlin zum Ausfall von Ampeln und Verkehrschaos. Hacker aus Südkorea haben im Februar mindestens drei der 13 Zentralrechner zur Steuerung des globalen Datenverkehrs attackiert – allerdings ohne größere Auswirkungen. KAI SCHÖNEBERG
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