: Theorie der Anwälte bleibt ohne Beweise
Bernd K.s Verteidiger: Knochenbrüche an Kevins Leiche sollen auf Stoffwechselerkrankung zurückzuführen sein
Keine neuen Beweise gibt es für die Theorie, dass eine Erkrankung für die Knochenbrüche verantwortlich ist, die Gerichtsmediziner an der Leiche des zweijährigen Kevin festgestellt hatten. Er habe zu keinem Zeitpunkt Anlass gehabt, eine auf die Knochendichte wirkende Stoffwechselerkrankung als Ursache für die Frakturen anzunehmen, sagte gestern ein Arzt im Prozess gegen Kevins Ziehvater Bernd K. Dieser ist vor dem Bremer Landgericht angeklagt, das Kind seiner verstorbenen Freundin zu Tode geprügelt zu haben. Knochenmark soll laut gerichtsmedizinischem Gutachten ins Blut gelangt sein, was zum Herzstillstand führte.
Der Mediziner hatte Kevin im April 2005 in der Hess-Kinderklinik untersucht. Kevins damals noch lebende Mutter habe einen schläfrigen Eindruck gemacht, die Unterhaltung mit dem medizinischen Personal habe Bernd K. übernommen, der erst im Verlauf des Tages aggressiv wurde und die Untersuchungen abbrach. „Er wollte wohl nicht mehr warten“, erinnerte sich der Kinderarzt. Der damals 15 Monate alte Kevin sei ihm ganz normal vorgekommen, „er war zugewandt und freundlich, nicht verängstigt“. Er sei lediglich sehr klein und leicht für sein Alter gewesen. Die ein halbes Jahr zuvor festgestellten erhöhten Kalziumwerte im Blut hätten sich normalisiert, so der Arzt.
Diese Aussage missfiel offensichtlich den Verteidigern von Bernd K., die darauf beharrten, die Kalziumwerte seien nicht normal gewesen. Ihre Strategie beruht darauf, Zweifel an der Todesursache zu säen. Nach ihrer Theorie führte der hohe Kalziumspiegel zu erhöhter Knochenbrüchigkeit. Der Arzt sagte hingegen, es habe keinerlei weitere Symptome dafür gegeben. Außerdem seien erhöhte Kalziumwerte bei Frühgeborenen wie Kevin nicht ungewöhnlich. Dafür hielt er es für möglich, dass die Knochenbrüche selbst die Ursache sein könnten. Eiken Bruhn
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