: Uni gegen „totale Transparenz“
HOCHSCHULGESETZ Universität und Handelskammer finden die Festschreibung der Zivilklausel unnötig und wehren sich gegen eine Drittmittel-Datenbank
Die Innovationsfähigkeit und damit letztlich der Wohlstand der Region seien in Gefahr, wenn das Parlament wie geplant die Novellierung des Bremischen Hochschulgesetzes in dritter Lesung beschließe: So jedenfalls sehen es der Rektor der Universität, Bernd Scholz-Reiter, und der für Forschungs- und Technologiepolitik zuständige Handelskammer-Geschäftsführer Frank Thoss. In einem gemeinsamen Pressegespräch trugen sie gestern ihre Argumente gegen die geplante öffentliche Datenbank vor, in der die Hochschulen alle Drittmittel-Projekte mit Zielsetzung und Geldgeber veröffentlichen sollen.
Insbesondere private Geldgeber, so Thoss, könnten Sorge haben, dass ihre Verträge mit Instituten der Universität sie ins öffentliche Gerede bringe. Auch Befürworter der Zivilklausel, so der Rektor, könnten sich „subjektiv bevormundet fühlen“, wenn der Druck erhöht wird, eventuelle militärische Nutzanwendungen der Wissenschaft anzuzeigen. Wobei solche „Industrieprojekte“ von Wissenschaftlern „in der Regel auf der intrinsischen Motivation der Wissenschaftler“ basieren, erklärte der Rektor – das heißt, es geht den Wissenschaftlern ums reine Erkenntnisinteresse. „Wir brauchen die totale Transparenz nicht“, formulierte Thoss bündig.
Diese Sorge von Handelskammer und Universität betrifft allerdings nicht einmal vier der 90,5 Millionen Drittmittel, die von privaten Unternehmen jährlich in die Uni kommen. Unternehmen aus der Bremer Region sind desinteressiert an der Förderung der Wissenschaft – nicht einmal eine Million Euro Drittmittel kommt von ihnen.
Die Universität sei für Transparenz, versicherte der Rektor wortreich, und da der überwiegende Anteil der „Drittmittel“ von staatlichen Institutionen oder staatlichen Stiftungen käme, seien diese Projekte sowieso in öffentlichen Datenbanken wie „Gepris“ verzeichnet. Auch eventuelle militärische Anwendungen seien, wenn sie für die Friedenssicherung der Bundeswehr gedacht seien, legitim, versicherte Thoss. Drohnen etwa seien unbemannte Flugobjekte, die bei der Versorgung der Nordsee-Inseln bei Sturm wertvolle Dienste leisteten. Nur die geplante Formulierung, dass Drittmittel „ausschließlich“ für die Verfolgung „friedlicher Zwecke“ verwendet werden dürften, hält er für problematisch – „ausschließlich ist bei einer Drohne nie möglich“. Er wünsche sich eine offenere Formulierung, „damit wir mit der Drohnenforschung an der Zivilklausel vorbeikommen“.
Scholz-Reiter sieht eher grundsätzlich die Gefahr eines Eingriffes in die Forschungsfreiheit, will das aber ausdrücklich nicht vergleichen mit dem, was „vor 70 Jahren“ die Nazis praktiziert haben. KAWE
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