: Grenzwerte für alte Kohlekraftwerke
ENERGIE Wirtschaftsministerium plant Obergrenzen für CO2-Ausstoß – ansonsten droht Strafzahlung
BERLIN taz | Deutschland soll sich erstmals auf einen maximalen Kohlendioxid-Ausstoß aus Stromkraftwerken festlegen und diesen mit zusätzlichen Strafzahlungen durchsetzen. Das schlägt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor in einem Eckpunktepapier vor, das er am Donnerstag den Regierungsfraktionen zuschickte; es liegt der taz vor. Die Maßnahme soll dazu beitragen, das deutsche Ziel einzuhalten, den Ausstoß klimaschädlicher Gase bis 2020 um 40 Prozent zu verringern.
Nach Berechnungen des Wirtschaftsministeriums haben die hiesigen Stromkraftwerke im vergangenen Jahr 349 Millionen Tonnen klimaschädlicher Gase ausgestoßen. Diese Menge soll bis 2020 auf 290 Millionen Tonnen sinken. Dafür seien zusätzliche Anstrengungen nötig, hieß es in Regierungskreisen. Bereits bei der Vorstellung des Klimapakets im Dezember hatte Gabriel zusätzliche CO2-Einsparungen bei Kraftwerken angekündigt, die Details aber offengelassen.
Der Weg, den Gabriel nun vorschlägt, sieht so aus: Kohle- und Gaskraftwerke, die älter als 20 Jahre sind, bekommen ab 2017 einen Grenzwert für den CO2-Ausstoß, der mit steigendem Alter weiter sinkt. Weil sich der Wert auf die Leistung der Kraftwerke bezieht, werden die besonders CO2-intensiven Braunkohlekraftwerke, die vor allem RWE und Vattenfall betreiben, stärker davon betroffen sein; Kohlekraftwerke werden weniger beschränkt, Gaskraftwerke vermutlich gar nicht.
Wenn Kraftwerke mehr CO2 ausstoßen, als ihnen zugestanden wird, müssen sie dafür zusätzliche Emissionszertifikate kaufen; deren Preis orientiert sich nicht am Markt im Rahmen des europäischen Emissionshandels, sondern wird politisch beispielsweise auf 18 bis 20 Euro festgelegt, heißt es im Papier. Das entsprechende Gesetz soll noch in diesem Jahr fertig sein. Die Europäische Kommission halte den Ansatz für konform mit EU-Recht, hieß es aus Regierungskreisen.
Außerdem legt Gabriel sich in den Eckpunkten darauf fest, dass unwirtschaftliche Kraftwerke nicht jahrelang von den Stromkunden subventioniert werden sollen. Das Problem: Für Zeiten, in denen Wind- und Solaranlagen wegen des Wetters zu wenig Strom produzieren, braucht man konventionelle Reservekraftwerke. Diese verdienen meist wenig. Sie bereitzuhalten kostet aber trotzdem Geld, das die Betreiber gern erstattet bekämen.
Der Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium läuft nun darauf hinaus, dass die Betreiber die Finanzierung selbst stemmen müssen. Dabei helfen könnten ihnen die Strompreise, die in Zeiten von Stromknappheit teilweise sehr hoch sind. Staatliche Garantien oder regelmäßige Umlagen auf die Strompreise zur Absicherung der Reservekapazitäten soll es jedenfalls nicht geben. Damit bezieht Gabriel auch Stellung gegen Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), der unrentable Kraftwerke in Betrieb halten will. Eine kleine Reserve aus Kraftwerken soll laut den Eckpunkten nur für seltene Ausnahmen zur Verfügung stehen. Welche Anlagen das sind, soll mittels Ausschreibungen ermittelt werden.
Das Ausbauziel für die Kraft-Wärme-Kopplung soll zudem sinken. Bisher ist geplant, dass Strom aus Kraftwerken, die gleichzeitig Heizwärme produzieren, bis 2020 einen Anteil von 25 Prozent. HANNES KOCH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen