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Auf nach Machu Picchu

■ Lernsoftware für Kinder wird immer besser und beliebter / Trotzdem sind viele Erwachsene immer noch kritisch / Ein Bremer Fachhändler gibt Tips und Empfehlungen

Die sechsjährige Laura und der fünfjährige Malte sitzen gemeinsam vor einem großen Computerbildschirm. Zu sehen ist eine Weltkarte. Das Mädchen klickt mit ihrer Computermaus auf das Bild einer Ruinenstadt. „Das ist Machu Picchu. Machu Picchu ist eine alte Inkastadt in Peru“, belehrt eine Kinderstimme aus den Lautsprechern. Malte und Laura schauen sich an. „Willst Du noch mehr über Machu Picchu wissen?“, fragt die Computerstimme. Das ist eigentlich unnötig. Denn schon vertiefen sich Laura und Malte in der Geschichte der Inka.

„Kinder haben einen natürlichen Forschertrieb“, weiß Ronald Hindmarsh. Täglich findet der gelernte Informatiker Bestätigung für diese einfache These. Seit zweieinhalb Jahren ist er Inhaber eines CD-ROM-Fachgeschäftes am Wall in Bremen. Und allein für vier- bis siebenjährige Kinder hält er in seinem kleinen Laden „CD-ROM-spezial“über 100 verschiedene Artikel bereit. Laura und Malte zum Beispiel erleben gerade ihre „Erste Reise um die Welt“. Vorher haben sie auf der CD-ROM „Oscar und die Geheimnisse des Waldes“gesurft und erfahren, wie Tiere im Wald leben und wovon sie sich ernähren.

Altersgerechte Software ist jedoch nicht für jedes Kind gleichermaßen geeignet: „Das hängt davon ab, wofür sich ein Kind begeistert“, so Hindmarsh. Deswegen nimmt er sich viel Zeit für die Beratung von Kindern und – Eltern.

Schließlich entscheidet nicht das Kind selbst, ob es überhaupt Zugang zu diesem Medium erhält, sondern derjenige, der die CD-ROM bezahlt. Doch unter den Erwachsenen gibt es immer noch viele Kritiker dieses neuen Mediums, und viele wollen sich damit gar nicht auseinandersetzen: „In der Grundschule meines Sohnes sind die LehrerInnen 50 und älter, die wollen in diesem Leben nichts mehr mit CD-ROM und Computern zu tun haben“, meint Hindmarsh. „Außerdem setzen viele Erwachsene Lernsoftware für Kinder mit Ballerspielen gleich.“Ein bißchen Verständnis hat der Vater von drei Kindern dafür schon: „Ich bin Ex-Spielsüchtiger“, gesteht er. Viele Nächte lang hat er sich in den virtuellen Spielhöllen der Computernetze herumgetrieben. Doch damit ist Schluß. Und: Diese „Ballerspiele“hat er nicht im Sortiment. Statt dessen bietet er vor allem Lernsoftware und Multi-Media-Enzyklopädien – zu neudeutsch: Edutainment – an.

CD-ROMs, so Hindmarsh, haben bei Kindern nur Erfolg, wenn die Software richtig angewandt wird und wenn der Computer kindgerecht ausgestattet ist. „Bei Kindern laufen sämtliche Lernprozesse über Kommunikation und Eindrücke von außen“. Kindern muß es also möglich sein, Fragen zu stellen und zu beantworten. Und genau darauf ist die Edutainment-Software zugeschnitten.

Allerdings muß auch die Computerausstattung passen. „Software für Kinder beinhaltet immer auch Sprache und Musik“, sagt Hindmarsh. Neben einem CD-ROM-Laufwerk sind demnach auch eine Soundkarte und Lautsprecher Standard. Ein „subwoofer“, der die Bässe verstärkt, ist ebenfalls wünschenswert – „damit der Löwe in Afrika auch richtig brüllt“. Außerdem, so betont Hindmarsh, „sollten PCs für Kinder unbedingt mit einem 17-Zoll-Bildschirm ausgestattet sein, damit zwei Kinder Platz haben“. Denn gemeinsam macht auch das Lernspielen vor dem Computer mehr Spaß.

Und wie lange sollten sich Kinder täglich maximal mit dem Computer beschäftigen? Hindmarsh: „Wenn man überlegt, wieviel Stunden ein Kind vorm Fernseher verbringt, stellt sich dieses Problem überhaupt nicht. Ich sehe Lernsoftware als Konkurrenz zum Fernsehen und nicht als Ersatz für andere Freizeitbeschäftigungen oder gar Bücher.“Und er empfiehlt: „Haben sich zwei Kinder erstmal auf die virtuelle Reise nach Peru begeben, sollte man sie nicht zwingen, mittendrin aufzuhören.“

Der Händler wird unterbrochen. „Willst Du noch mehr über Machu Picchu wissen“, fragt die Kinderstimme aus dem Computer. Laura klickt mit der Maus auf „Ja“. Musik erklingt und ein anderes Bild erscheint: „Machu Picchu liegt auf 2.900 Metern Höhe in einem Gebirge ...“.

Geraldine Friedrich

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