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Mit Tigerbildern läßt sich gut Geld sammeln

■ Britische Tierschützer werfen dem World Wide Fund For Nature (WWF) Verschwendung von Spenden vor. WWF spricht von unterschiedlicher Philosophie

Dublin (taz) — Während 140 Delegierte des World Wide Fund For Nature (WWF) im Berliner Grand Hotel Esplanade noch bis morgen stilvoll tagen und feiern, fährt eine britische Tierschutzorganisation schwere Geschütze gegen den WWF auf. Der Tiger Trust behauptet, daß der WWF Millionen an Spendengeldern zur Rettung der Tiger in Wahrheit für seinen aufgeblasenen bürokratischen Apparat ausgibt.

So soll sich die Zahl der Angestellten im Büro von Delhi in den vergangenen drei Jahren auf 150 Leute verdoppelt haben. Das Büro in Godalming in Südengland sei für 400.000 Mark renoviert worden, und in den Hauptsitz in Genf sollen knapp sechs Millionen Mark gesteckt werden. „Die Feier in Berlin kostet 70.000 Pfund“, sagte Michael Day, der Gründer des Tiger Trust, gestern zur taz. „Hinzu kommen Reisekosten in Höhe von 50.000 Pfund. Da bleibt für die Tiger nicht mehr viel übrig.“

Arun Chaka, Sprecher von WWF International, widerspricht heftig. Es gehe dem Tiger Trust um eine andere Philosophie. „Sie wollen die Tiere schützen, unabhängig davon, was die lokale Bevölkerung sagt – notfalls auch mit Rangern und Gewehren. Wir glauben, man kann den Tiger nur gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung retten.“ WWF gebe im Jahr über acht Millionen Mark für den Schutz der Lebensräume der Tiger und den Stopp des Handels mit Tigerprodukten aus, 2,5 Millionen Mark gingen in den Schutz der Tiger selbst.

Tatsächlich wirft Day dem WWF vor, die Spendenaufrufe nach wie vor mit Bildern von Tigern und anderen bedrohten Tierarten zu garnieren, obwohl die Hauptstoßrichtung der Organisation längst nicht mehr der Artenschutz sei. Von den fast 600.000 Mark, die allein in Großbritannien für die Rettung der Tiger in diesem Jahr gesammelt wurden, sei der größte Teil in langfristige Projekte wie Ökoentwicklung und Bildung geflossen.

Auch der WWF in Großbritannien hat inzwischen auf die Vorwürfe reagiert. Geschäftsführer Robin Pellew bat Samar Singh, den WWF-Generalsekretär in Indien, ihm schleunigst ein Tigerreservat zu nennen, in dem eine Kampagne gegen Wilderei besonders gute Aussichten auf Erfolg habe.

Der Handel mit geschützten Tieren oder verwertbaren Teilen davon ist lukrativ. Rund fünf Milliarden US-Dollar werden im Jahr umgesetzt. Nur das illegale Drogengeschäft wirft noch mehr ab. Zur Jahrhundertwende gab es weltweit rund 80.000 Tiger, heute sind es noch zwischen 5.000 und 7.000, davon in Indien 2.500. Von den acht verschiedenen Arten sind der kaspische, der Bali- und der Java-Tiger bereits ausgestorben.

Die Environmental Investigation Agency (EIA) in London hat gestern einen Forschungsbericht vorgelegt. Daraus geht hervor, daß in Indien jeden Tag ein bis zwei Tiger getötet werden. Die indische Regierung sieht nicht nur tatenlos zu, sondern genehmigt Industrieansiedlungen, die den Lebensraum der Tiger weiter zerstören. Die Gesetze, die den Schmuggel mit geschützten Tieren oder Tierprodukten verhindern sollen, werden nur selten angewendet. Der wichtigste Regierungsausschuß, der für den Artenschutz zuständig ist, hat zum letzten Mal vor acht Jahren getagt. Ralf Sotscheck

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