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Von Bodybuildern keine Spur

Weg von den Hanteln, hin zur Bewegungsarbeit: In den Fitneßstudios tummeln sich nicht nur Muskelfans, sondern immer mehr Leute, die ihr körperliches Wohlbefinden verbessern wollen  ■ Von Tobias Rapp

Freitag nachmittag im Fitneßstudio „Kraft & Fun“ in Berlin- Mitte. Vereinzelt werden Hanteln gestemmt und Gewichte gezogen. Die Kraftgeräte sind nur relativ schwach besetzt, dagegen herrscht an den Konditionsmaschinen reger Betrieb. Fast jedes der Standfahrräder sowie die Hälfte der Laufbänder und der Stepper – Treppensteige-Simulatoren – sind belegt. Neben Radeln und Laufen wird Musik gehört, gelesen oder der Feierabendverkehr auf der Leipziger Straße beobachtet. Von Bodybuildern keine Spur.

Studioleiter Uwe Palm scheint die Frage nach den Muskelfetischisten erwartet zu haben: „Für viele Leute sind wir mit einem Makel behaftet.“ Dies allerdings zu Unrecht, glaubt er. Die Fitneßstudios seien zwar aus der Bodybuilding- Szene hervorgegangen, doch spätestens seit dem Aerobic-Boom Anfang der Achtziger handle es sich nicht mehr um eine kleine Szene von Körperkult-Verrückten. Wenn man bedenke, daß Herz- und Kreislaufkrankheiten Todesursache Nummer eins seien, sei Fitneß nur sinnvoll, so Palm.

Fitneßtraining setze an zwei Komplexen an, die durch das Leben in einer urbanen Umwelt in Mitleidenschaft gezogen würden: den Muskeln und dem Herzkreislaufsystem. Die Bewegungsarmut der meisten Tätigkeiten greife das Muskelstützgerüst an. Je mehr Menschen beispielsweise ihren Arbeitstag im Sitzen an Bildschirmen verbringen, desto häufiger treten Bandscheibenschäden auf.

„Die meisten Leute, die zu uns kommen, fühlen sich schlapp und wollen etwas für ihr körperliches Wohlbefinden tun.“ Mit jedem potentiellen Kunden werde dann in einem Beratungsgespräch ermittelt, an welchen Schwächen angesetzt werden müsse, und anschließend ein individuelles Programm erstellt. Ein anderer wichtiger Grund, ein Fitneßstudio aufzusuchen, sei die Sorge um das Gewicht – der Wunsch nach einer besseren Figur. Und wer Fett verbrennen wolle, sei im Fitneßstudio an der richtigen Adresse: „Sport treiben ist auf jeden Fall sinnvoller als eine Diät“, sagt Uwe Palm, „da man sich nichts verbieten muß.“

Für alle Bedürfnisse, seien sie nun unmittelbar gesundheitsfördernd oder nur zusätzlich den körperlichen Marktwert steigernd, könne ein spezielles Programm erstellt werden. Selbstverständlich könne auch auf der Straße radgefahren oder gejoggt werden, der Vorteil von Geräteübungen sei aber, daß für jeden Körper die geeigneten Widerstände eingestellt werden könnten, die der jeweiligen Belastbarkeit angepaßt sind. Außerdem müsse an keiner Ampel angehalten werden. Für Uwe Palm steht fest: „Wir leben in einer extrem künstlichen Umwelt“ – und dem könne am besten durch Training an genauso künstlichen Geräten begegnet werden.

Auch ins Friedrichshainer „FrauenFitneßstudio“ begeben sich wenige BodybuilderInnen. Das Publikum besteht eher aus Erna NormalverbraucherIn. „Manche Frauen gehen lieber in gemischte Studios, andere wollen aber unter sich sein“, sagt Leiterin Regina Walther. Ihr Studio richte sich an Frauen, denen es wichtig sei, daß keine gierigen männlichen Blicke auf sie geworfen werden. Auch Kinder seien bei „FrauenFitneß“ willkommen. „Die können hier rumkrabbeln und stören niemanden.“ „FrauenFitneß“ bietet vor allem Programme für Muskelgruppen an, die durch Schwangerschaft geschwächt sind, wie der Bauch und der Unterbauch. BesucherInnen können aber auch an einem Entbindungstraining teilnehmen oder Cellulitis bekämpfen. Außerdem gibt es eine Sauna und ein Solarium.

Ganz anders geht es im Neuköllner „Actioncenter“ zu. Hier kann sich der oder die Fitneßwillige dem „Strend“-Programm unterwerfen. Das Begriff „Strend“ setzt sich aus den ersten drei Buchstaben der Wörter Strength und Endurance zusammen, meint also die Kombination von Kraft und Ausdauer. Entwickelt wurde es in Hawaii – als Ableger des Ironman- Wettbewerbs. Dieser härteste Wettkampf der Welt verlangt von den Athleten, nacheinander mehrere Kilometer zu schwimmen, einen Marathonlauf zu absolvieren und über hundert Kilometer Fahrrad zu fahren. Harter Stoff also.

Ähnlich anstrengend ist das Strend-Trainingsprogramm: Bankdrücken von Hanteln, Klimmzüge mit breitem und engem Griff, Schulterdrücken von Gewichten und Beugestütze am Reck sowie ein Dreimeilenlauf werden vom Athleten gefordert. Für jede der Kraftdisziplinen hat man drei Minuten, in denen soviel gedrückt, geklimmt oder gezogen werden muß wie möglich. Danach geht es auf die Tartanbahn.

Auch wenn es so aussehe, als ob sich diese Sportart vor allem an Bodybuilder richte, sei das nicht der Fall, erläutert Wolfgang Hintzpeter, Präsident des ersten deutschen Strend-Vereins. „Man muß sich nur langsam hineinarbeiten.“ Und dabei sind viele Muskeln nicht unbedingt von Vorteil: Denn je leichter der Körper sei, desto bessere Chancen habe man. Trotzdem nutzten viele Bodybuilder und Kampfsportler Strend als Ergänzung in ihrem Trainingsprogramm, da viele Muskelpartien gleichzeitig beansprucht werden.

Ziel der deutschen Strender ist es, die Lizenz für den urheberrechtlich geschützten Sport an andere Vereine zu vergeben und einen Verband zu gründen. Doch zunächst geht es im März zu den Strend-Weltmeisterschaften nach Hawaii. Im vergangenen Jahr wurde die Berlinerin Manuela Koschinski bereits Strend-Weltmeisterin. Ein Erfolg, der dieses Jahr wiederholt werden soll.

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