piwik no script img

Killer für den Acker

■ Kanadischer Chemie-Multi will herbizidresistente Zuckerrüben aussetzen /Gentechnisches Versuchsfeld bei Hannover besetzt

echtzeitig zur Demo am Wochenende ist das Besetzerdorf auf dem Versuchsacker in Schmarrie zwischen Hameln und Hannover fertig geworden. Im Schichtdienst halten 20 Jugendliche Wache, um den kanadischen Chemiemulti Monsanto an der Aussaat von genmanipulierten Zuckerrüben zu hindern.

„Noch liegt keine Genehmigung für die Freilandaussaat vor“, sagt Timo Vogt, ein Sprecher der BesetzerInnen, „aber wir wollen uns schon mal hier festsetzen und mit der Bevölkerung Kontakt aufnehmen. Wir bleiben bis Mai, bis eine Aussaat nicht mehr möglich ist.“Für heute abend 20 Uhr ist mit den Anwohnern ein gemütliches Beisammensein mit Informationen über genmanipuliertes Saatgut im Hülseder Gasthof „Im Grünspan“geplant.

Ab und an streicht ein Streifenwagen um den Acker. Bislang stellte die Polizei nur die Personalien der BesetzerInnen fest. „Wir wollen keine Konfrontation, wir bleiben gewaltfrei“, sagt Timo.

Andreas Tierfelder, Monsanto- Projektleiter, wollte die Besetzer schon besuchen. Der Zugang zum Dorf wurde ihm verwehrt. „Wir wollen mit den Besetzern in Kontakt bleiben,“sagt Monsanto-Pressesprecher Wagner, „deshalb verzichten wir auf strafrechtliche Maßnahmen. Allerdings denken wir über zivilrechtliche Konsequenzen nach, etwa Schadensersatzforderungen.“

Eine ähnliche Drohung hatte eine Genfirma im Dienste der Monsanto schon vor gut einem halben Jahr gegen BesetzerInnen eines Versuchsfeldes im niedersächsischen Hoya ausgestoßen (vgl. taz Brmen vom 11.9.96). Damals ließen die Chemiker die Klagefristen ungenutzt verstreichen. Den BesetzerInnen blieben nicht nur Anzeigen erspart, sie hatten sogar Erfolg. Der Freilandversuch wurde abgebrochen.

„Wir haben eine tolerante Zeitplanung“, erklärt der Monsanto-Pressesprecher. „Bis zum Jahr 2000 wollen wir einen Prototyp neuer Rüben auf dem Markt haben.“Nach Auskunft von Mansanto handelt es sich bei der aktuellen Rübensorte um eine besonders resistente Pflanze, die nur in Verbindung mit dem konzerneigenen Herbizid „Round up ultra“angeboten werden soll.

„Dieses Pflanzenvernichtungsmittel ist ein echter Killer, ratz-fatz ist alles außer der Rübe tot“, sagt Timo. „Wir müssen diese Versuche machen“, erklärt Monsanto, „weil wir nicht nur die neue Pflanze erproben wollen, sondern auch einen Anwendungskatalog für das Herbizid entwickeln müssen, nur so können wir eine Genehmigung für die Einführung der neuen Sorte beantragen.“

Schon jetzt laufen europaweit über hundert Freilandversuchsreihen mit „Round up ultra“und der neuen Zuckerrübe. Um die Sorte auch in Deutschland einführen zu können, fehlen entsprechende Aussaaten in der Bundesrepublik. In Verbindung mit anderen Pflanzen, etwa im Weinbau, ist „Round up ultra“schon im Einsatz.

An acht Standorten, im Raum Würzburg, im Raum Hannover und in Mecklenburg-Vorpommern will Monsanto Genrüben aussäen. Dr. Bernd Appel, Fachgebietsgruppenleiter im zuständigen Robert-Koch-Institut in Berlin: „Unsere Prüfung des Monsantoantrages laufen noch. Ich gehe nicht von einer kurzfistigen Genehmigung aus. Vielleicht in den nächsten vierzehn Tagen.

Die BesetzerInnen sind vorbereitet. Sie erwarten am Samstag „massenhafte“Unterstützung durch FreisetzungsgegnerInnen. Ab 15 Uhr geht ein Demonstrationzug von Messenkamp zum besetzten Feld ab. schu

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen