Plaudernde Erlebniswelten

■ Bei Camel Move Town kommt an zwei Tagen die DJ-Elite unters Zeltdach

Wenn sich eine Zigarettenfirma, deren Namen hier nicht mehr unentgeltlich erwähnt wird, an einen musikalischen Trend ranschmeißt, dann ist eigentlich Vorsicht geboten. Wenn sie dann noch eine Werbeagentur anheuert, die haltlos über „Erlebniswelten“und „Movers“dampfplaudert, dann kann man eigentlich nur die Flucht ergreifen. Doch bei dem am kommenden Wochenende auf einem Industrieparkplatz in Billbrook stattfindenden Festival macht das Line-Up, wie man so sagt, einiges wett. Denn obwohl sich zeitweise täglich das Programm änderte, kommt letztlich doch mancher, der gerade auf dem Tanzboden einen Namen hat, in die schmucke Zeltpyramide, deren Hängekonstruktion den Tipis der nordamerikanischen Indianerstämme entlehnt ist.

Die „bewegte Stadt“wird von dem Londoner Quartett The Aloof eröffnet, das mit Popködern nach Unterwasserbildern und TripHop fischt. Danach wird die freundliche Sängerin Nicolette (Foto), die seit ihrer Zusammenarbeit mit Massive und Shut Up And Dance zu den wenigen beständigen Stimmen der Szene gehört, ihren Drum'n'Bass-Wurf aus dem letzten Jahr ausführen. Vor allem aber die nachfolgenden DJs, die dem Konzept zufolge nahtlos übernehmen sollen, sind erlesen. Mit Andy Smith von Portishead, einer Auswahl von Wall of Sound, Kemistry & Storm von Metalheadz und James Lavelle von Mo' Wax drängen bis 6 Uhr morgens die wegweisenden Labels der letzten drei Jahre an die Plattenteller. Wie sich all diese Meister allerdings miteinander vertragen werden, bleibt abzuwarten.

Am nächsten Tag des Festivals liegt der Schwerpunkt auf den Konzerten. Die Fußballhymnen von Apollo 440 und den Gitarrenpop von Republica gilt es noch zu verdauen. In der Folge kommen dann mit Atari Teenage Riot, der Formation des Berliner Klangstreuners Alec Empire und die überdrehten EboMen energetische Hochgeschwindigkeitstexturen zum tragen, die sich kein bißchen um Geschmäckler kümmern. Diese werden zum Abschluß des Festivals von der Drum'n'Bass-Diva LTJ Bukem am Mischpult wieder bedient.

Alles in allem ist das qualitativ hochstehende Programm aber wohl nichts für die breitere Masse und es bleibt fraglich, ob sich genügend Tanzkundige in dem 3000 Leute fassenden Zelt einfinden werden.

Volker Marquardt

The Aloof, Nicolette, Andy Smith, Wall Of Sound, Kemistry & Storm, James Lavelle, Electric Mojo: Fr, 2. Mai / Audioweb, Republica, Apollo 440, Ruffcutz, Atari Teen-age Riot, Ebo Men, Spicy Pete, LTJ Bukem: Sa, 3. Mai, jeweils ab 19 Uhr, Industrieparkplatz, Pinkertweg 15