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Mobutu sitzt sein Ende aus

■ Keine Einigung bei Verhandlungen zwischen Zaires Diktator und Rebellenchef Kabila auf südafrikanischem Schiff. Mobutu will bis zu Neuwahlen Präsident bleiben

Kinshasa/Point Noire (taz/dpa/rtr) – Nach über 31 Jahren an der Macht wird das Ende der Ära Mobutu Sese Seko ausgehandelt. Bei den gestrigen, mehrfach verzögerten Verhandlungen zwischen dem zairischen Präsidenten und dem Rebellenchef Laurent-Désiré Kabila auf dem südafrikanischen Schiff „Outeniqua“ vor der Küste des Kongo ging es nur noch um die Modalitäten des Rücktritts von Mobutu.

Doch auch nach dem siebenmonatigen Bürgerkrieg in Zaire konnten sich beide Seiten nicht auf eine politische Lösung einigen. Wie der UN-Sonderbeauftragte Mohamed Sahnoun bei einer gemeinsamen Pressekonferenz an Bord der „Outeniqua“ mitteilte, werden sich Mobutu, Kabila und der südafrikanische Präsident Nelson Mandela in acht bis zehn Tagen nochmals treffen. Wo die zweite Verhandlungsrunde stattfinden wird, ist noch nicht bekannt.

In einem Kommuniqué über das erste Gespräch heißt es nach Angaben der südafrikanischen Nachrichtenagentur Sapa, Kabila habe vorgeschlagen, daß seine Rebellen-Allianz die Macht in einer Übergangsregierung übernehmen und Mobutu zurücktreten solle. Als Geste des guten Willens habe Kabila angeordnet, daß seine Truppen ihren Vormarsch an allen Fronten stoppen sollten, was aber nach Angaben Mandelas keinen Waffenstillstand bedeutet. Sahnoun sagte, die Verbände Kabilas hätten das Recht, sich bei Angriffen zu verteidigen.

Der krebskranke Mobutu schlug laut Kommuniqué einen Waffenstillstand vor. Die Übergangsregierung solle dann demokratische Wahlen organisieren. Erst wenn ein neuer Präsident gewählt sei, werde er die Macht abgeben, erklärte der Diktator.

Vor der Begegnung hatte es in südafrikanischen Kreisen geheißen, eine Vereinbarung über den Rücktritt Mobutus sei im Prinzip fertiggestellt. Danach könne eine Einigung wie folgt aussehen: Mobutu tritt aus gesundheitlichen Gründen ab und ernennt einen Übergangspräsidenten, der bis zu vorgezogenen Neuwahlen amtiert. Kabila könnte dann kampflos in die zairische Hauptstadt Kinshasa einziehen. Die Truppen des Rebellenführers stehen mittlerweile 150 Kilometer vor Kinshasa.

Kabila hatte vor der Begegnung an Bord des Schiffes erklärt, er habe Mandela gesagt, daß Mobutu gleich zu Beginn der Gespräche zurücktreten müsse. Andernfalls würden seine Truppen in Kinshasa einrücken. Schon bis zum gestrigen Abend würden seine Verbände bis auf 80 Kilometer an die Hauptstadt herangerückt sein.

Der erste Akt der Verhandlungen zu Mobutus Abgang begann schon am vergangenen Freitag. An diesem Tag flog Mobutu in die Hafenstadt Point Noire im Kongo. Auf dem dortigen Flughafen herrschte nach Informationen der taz im Tower ein solcher Betrieb, daß der Flieger des Präsidenten auf der Piste warten mußte, bis Platz geschaffen werden konnte. Ein Helikopter habe deshalb umgesetzt werden müssen und sei über Mobutus Flugzeug geflogen. Just in diesem Moment habe ein anderes Flugzeug zur Landung angesetzt. Im Tower sei der Angestellte wie gelähmt gewesen. Nur das Eingreifen eines US-Soldaten habe den Zusammenstoß der Flugzeuge und den vorzeitigen Tod Mobutus verhindert.

Der zweite Akt: Mobutu konnte nicht im Helikopter auf die „Outeniqua“ geflogen werden. Die Vibrationen seien zu stark, seine Gesundheit würde im Hubschrauber zu sehr leiden, so seine Ärzte. Und die Treppenstufen auf das Schiff schaffe Mobutu nicht. Dann entdeckte man an der Seite der „Outeniqua“ eine Luke, durch die der Mercedes des Präsidenten an Bord gelangte. Doch Rebellenführer Laurent-Désiré Kabila kam nicht. Er wartete in der angolanischen Hauptstadt Luanda und beschloß, Freitag nacht nach Lubumbashi in Zaire zurückzufliegen. Daraufhin verließ Mobutu die „Outeniqua“ in der gleichen Nacht.

Der dritte Akt folgte am Samstag: Die Rebellen ließen verlauten, die Sicherheit ihres Chefs sei nicht gewährleistet, es hätten sich Leute in der Umgebung Mobutus als Journalisten ausgegeben, die keine seien. Inzwischen fiel Lisala, Mobutus Geburtsort, in die Hand der Rebellen.

Bis Samstag abend wußte niemand, ob Kabila auf der „Outeniqua“ eintreffen wird. Ärger stand auf den Gesichtern der südafrikanischen Regierungsmitglieder und der Unterhändler. Konnte es sich der Rebellenführer leisten, die Weltspitze an der Nase herumzuführen? Schließlich die Meldung: Kabila ist eingetroffen. Und so machte sich Zaires Diktator gestern erneut auf den beschwerlichen Weg an Bord der „Outeniqua“. ank

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