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Sackgasse Sonderschule

■ Behinderte Menschen: In Schule und Beruf erhalten sie keine Chance

Beschäftigungsträger und Bildungswerke in Hamburg haben genügend moderne kaufmännische Berufe in ihrem Ausbildungskatalog. Doch viele Behinderte bekommen keine Chance, die schulische Qualifikation für eine solche Ausbildung zu erwerben. „Der Unterricht in Sonderschulen schickt junge Behinderte von vornherein in eine Sackgasse.“Darauf verwies Sonja Deuter, selbst Mutter eines 13jährigen Behinderten, am Montag abend auf einer Diskussionsveranstaltung anläßlich des europäischen Aktionstages für die Gleichstellung behinderter Menschen. „Auf dem Stundenplan der siebten Klasse stehen siebenmal Deutsch, kein Englischunterricht und nur eine Stunde am Computer“, kritisierte Sonja Deuter, „die Schüler schmoren in einem veralteten Schulsystem.“

Auch gut qualifizierte Behinderte haben kaum eine Chance, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Stelle zu ergattern. Die ArbeitgeberInnen tappen im Dunkeln – jedenfalls wenn es um die Fähigkeiten von Schwerbehinderten geht. Davon ist die Senatsbeauftragte für Behinderte, Elke Frank, überzeugt. Noch schlechter stehe es um das Wissen der ChefInnen über finanzielle Eingliederungshilfen vom Arbeitsamt. „Umso größer ist dafür die Angst, einen Behinderten nicht wieder los zu werden“, schätzt Frank, die gängige Vorurteile gegen erwerbstätige Behinderte aus der Welt schaffen möchte.

Ein Drittel aller Arbeitgeber in der Hansestadt beschäftigen ausschließlich Menschen ohne körperliche oder geistige Beeinträchtigungen. Allein 1.700 Behinderte haben durch die Privatisierung von Bahn und Post ihren Job verloren. Insgesamt sind in Hamburg 3.500 behinderte Menschen arbeitslos gemeldet. Bis zum Jahresende werden voraussichtlich nur 50 neue ABM-Stellen für sie eingerichtet.

Die Behindertenbeauftragte schlug daher vor, den Behörden, die keinen Schwerbehinderten einstellen wollen, die betreffende Stelle zu streichen und einer toleranteren Abteilung zuzuordnen. „Es gibt kaum Patentrezepte“, konterte Bernd Schröder, Chef der Arbeitsamtes Altona, und verwies auf kleine Nischen wie den Verein Nutzmüll e.V., der Gehörlose beschäftigt. Lisa Schönemann

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