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„So kann man militante Politik nicht machen“

■ Irmgard Möller, RAF-Kämpferin der ersten Generation, über den Bombenanschlag auf das Springer-Verlagshaus in Hamburg

Am 19. Mai 1972 hat die RAF im Verlagshaus von Springer in Hamburg zwei Bomben detonieren lassen. Dabei wurden 17 Menschen, überwiegend Arbeiter und Angestellte, verletzt.

Möller: Die Bekämpfung des Springer-Verlages und seiner Hetzpresse hat eine lange Tradition in der Studentenbewegung. Denn Bild war das wichtigste Propagandablatt gegen die emanzipatorischen Proteste damals. Und das Attentat auf Rudi Dutschke Ostern 1968 hatte Bild, die eine wochenlange Kampagne gegen ihn geführt hatte, wesentlich mitzuverantworten.

Damals wurde auf Demos und bei Aktionen „Enteignet Springer“gefordert, es gab die Blockade von Zeitungsauslieferungen. Und in der psychologischen Kriegsführung gegen uns war die Springer-Presse wieder ganz vorneweg. Deswegen hatte sich die Hamburger Gruppe von uns diesen Anschlag überlegt. Das war aber nicht mit allen diskutiert, es war eine von den taktischen, keine von den strategischen Aktionen. Hinterher gab es auch bei uns viel Kritik an diesem Angriff.

Der Anschlag hat in der ganzen Linken scharfe Kritik hervorgerufen, weil der Anschlag Arbeiter und Angestellte getroffen hat - und eben gerade nicht Springer. Was war denn eure interne Kritik an diesem Anschlag?

Die Gruppe hatte, nachdem die Bomben gelegt worden waren und bevor sie detonierten, im Verlagshaus angerufen und vor dem Anschlag gewarnt, damit die Leute das Verlagshaus verlassen sollten. Diese Warnung ist aber unterdrückt und ignoriert worden. Aber es war schon ganz falsch, darum ging es dann bei uns, einen Anschlag überhaupt so anzulegen, daß der Schutz der Unbeteiligten in die Hände von anderen gelegt wird, daß es hier also vom Konzern selbst abhing, ob Arbeiter und Angestellte Opfer werden würden oder nicht.

Wenn man Springer angreifen will, kann man das unmöglich in seinem Verlagshaus machen, in dem Menschen arbeiten, die für die Politik des Konzerns und auch für die Inhalte in den Blättern nicht verantwortlich sind.

Und was haben die Hamburger RAF-Leute zu dieser Kritik geäußert?

Sie haben festgestellt, daß sie sich die Illusion gemacht hatten, dem Verlag wären seine Mitarbeiter wichtig. Sie hatten nicht die Härte der Konfrontation bedacht, daß Springer einfach zusieht und es der RAF anhängt. Das war wirklich ein böses Beispiel, wie man militante Politik auf gar keinen Fall machen kann.

Hatte das weitergehende Konsequenzen?

Wir haben entschieden, daß wir auf gar keinen Fall mehr unabgestimmte Aktionen machen. Damit sollte verhindert werden, daß eine Einheit so etwas Gravierendes übersieht. Wichtig ist, daß kollektiv daraus gelernt worden ist.

Entnommen aus: Oliver Tolmein: „RAF – Das war für uns Befreiung“, Ein Gespräch mit Irmgard Möller, Konkret Literatur Verlag 1997.

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