piwik no script img

Tramneubau in Warteschleife

■ Straßenbahn nach Buchholz-West ein Jahr später als beschlossen. Verwaltung nennt Zeitplan unrealistisch. Parlament: Planung war mit Verwaltung abgesprochen

Beim Ausbau des Straßenbahnnetzes kommt es wieder zu Verzögerungen: Der Weiterbau der Tramlinie 50 von Buchholz-Kirche nach Buchholz-West in Pankow wird erst ein Jahr später als geplant in Betrieb gehen. Denn nicht 1998, wie vom Abgeordnetenhaus beschlossen, sondern erst 1999 soll die Straßenbahn das Neubaugebiet Buchholz-West mit seinen 10.000 EinwohnerInnen erschließen. Das geht aus dem „Bericht über die Fortschreibung und Umsetzung des Straßenbahnkonzeptes für Berlin“ hervor, den die Verkehrsverwaltung dem Parlament vorgelegt hat.

„Der Senat wird aufgefordert, für die Strecke das Planfeststellungsverfahren einzuleiten und sie bis zum September 1998 in Betrieb zu nehmen“, beschloß das Parlament im Mai 1996. „Dieser Zeitplan war unmöglich“, meint jetzt Fritz Herbst von der Planungsabteilung der Verkehrsverwaltung. „Vorbereitung und Durchführung des Planfeststellungsverfahrens waren an dieser Stelle besonders kompliziert und langwierig.“ Die Abgeordenten hätten zwar den Zeitpunkt 1998 gewollt, aber erst zum Jahr 1999 sei die Planung realisierbar. „Die Abgeordneten können ihre Wünsche angeben, aber ein ordentliches Verfahren geht nicht schneller.“

Die Abgeordneten hatten den Zeitpunkt 1998 allerdings nicht willkürlich festgelegt, sondern sich bei ihrer Zeitplanung auf die Angaben der Verkehrsverwaltung gestützt. „Vor dieser Festlegung hatten wir und die CDU-Abgeordneten uns mit dem Verkehrsplanungschef Herrn Kalender zusammengesetzt und mit ihm diesen Zeitplan abgestimmt“, meint Christian Gaebler, SPD-Verkehrspolitiker. Auch Michael Cramer von den Grünen bestätigt, daß die Daten in dem Parlamentsbeschluß „aus der Verwaltung kamen“.

Gaebler und Cramer machen für die Verzögerung die Diskussion um die Autoführung in der Mühlenstraße verantwortlich (siehe Kasten). Dem widerspricht Verkehrsplaner Herbst: Die Tramplanung sei unabhängig von der Diskussion um den Straßenanschluß: „Wir haben die Frage einer Einbahnstraße in der Mühlenstraße von der Tram entkoppelt, weil die Entscheidung und Finanzierung der Straße noch lange dauern kann.“

Doch bis zu dieser Entkopplung ging wertvolle Zeit verloren, meint Cramer. Schließlich wies die Verwaltung gegenüber dem Parlament selbst darauf hin, für die Mühlenstraße seien „neue Abstimmungen erforderlich“, und beim Beginn des Planfeststellungsverfahrens sei die „Ausgestaltung der Mühlenstraße das Problem“. Und selbst im Bezirksamt, das den Neubau einer Einbahnstraße favorisiert, heißt es: „Eine veränderte Lösung würde Zeitverzug und eventuell Finanzierungsschwierigkeiten nach sich ziehen.“ Ob nämlich eine neue Straße bei der angespannten Haushaltslage überhaupt finanzierbar ist, ist noch offen.

„Die Verzögerung steht in der Tradition der Verwaltung, die Umsetzung der Tramplanung zu bremsen“, kritisiert Christian Gaebler. „Das ist nicht mehr nachvollziehbar.“ Das Thema will er auf der heutigen Sitzung des Verkehrsausschusses zur Sprache bringen. Bernhard Pötter

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen