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Gemeiner Nutzen zum Einstandspreis

HSV verkauft Ostimmobilien / Ex-Schatzmeister Engel soll der Käufer sein  ■ Von Clemens Gerlach

Der „Aufschwung Ost“muß zukünftig ohne das finanzielle Engagement des HSV vorankommen. Der Verein werde seine drei umstrittenen Immobilien in der ehemaligen DDR „umgehend veräußern“. Dies verkündete der Aufsichtsratsvorsitzende Udo Bandow am Dienstag abend auf einer Pressekonferenz direkt im Anschluß an eine Sitzung des elfköpfigen Kontrollgremiums. „Zum Einstandspreis“werde der HSV seine Häuser wieder los, versicherte Bandow, im Hauptberuf Vorstandssprecher der Vereins- und Westbank.

Es sei „ausgesprochen erfreulich“, wenn der HSV plusminusnull herauskäme, lächelte der distinguierte Banker Bandow ausnahmsweise einmal. Der Seeler-Club hatte sich mit fünf Millionen Mark Eigenkapital an den über 19 Millionen Mark teuren Steuerspar-Objekten von Greifswald, Stralsund und Plau am See beteiligt. Durch die Geldanlagen sollten die Vereinsfußballer langfristig an den HSV gebunden werden. Doch nur ein Spieler hatte sich beteiligt. Die Gemeinnützigkeit war deshalb gefährdet, weil das Vereinsrecht außerhalb des Sportbetriebs nur Minderheitsbeteiligungen zuläßt.

Bei dem Kaufinteressenten, der bislang nur anonym über die Hamburger Anwaltskanzlei „Weiland & Partner“an den HSV herangetreten ist, handelt es sich offenbar um den am 30. Mai zurückgetretenen und seitdem untergetauchten Schatzmeister Jürgen Engel. Davon wisse er nichts, sagte HSV-Geschäftsführer Werner Hackmann, den der Aufsichtsrat in seiner dreieinhalbstündigen Sitzung einstimmig zum geschäftsführenden Vorstandsmitglied beförderte. „Für mich ist wichtig, daß ich ein Angebot habe, was dem HSV keinen Pfennig Verlust bringt“, stellte der ehemalige Innensenator klar.

Für eine Offerte Engels spricht die Tatsache, daß der 61jährige ein großes Interesse daran hat, das leidige Thema vom Tisch zu kriegen. Engel, gegen den die Staatsanwaltschaft weiterhin ermittelt, soll bei den von ihm eingefädelten Ostgeschäften unerlaubt fast eine Million Mark an Provisionen kassiert haben. Dieser Vorwurf ist hinfällig, wenn der Kaufmann und Hotelier die Immobilien vom HSV erwirbt. Dann wäre es ein Geschäft von Engel mit sich selbst gewesen.

Bei der „rückhaltlosen Aufklärung“der Affäre will der HSV „aktiv“mitwirken, betonte Ober-Aufseher Bandow. Aufsteiger Hackmann sprach sogar schon von einem „Neuanfang“. Selbstverständlich auch in Zukunft mit dem Vorsitzenden Uwe Seeler an der Spitze. „Er hat das absolute und uneingeschränkte Vertrauen des Aufsichtsrates“, erklärte Bandow. Zur Klärung der Vorwürfe gegen Engel habe Seeler aber nichts beitragen können.

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