■ Schnittplatz: Leo sagt nichts zu Helmut, der sich freut
Der Mann kann reden! Das ist aber auch schon die einzige Neuigkeit, die wir Ihnen aus der Lektüre eines Interviews mitbringen können, das für Focus dessen Chefredakteur Helmut Markwort mit Dr. Leo Kirch geführt hat. Den „Medientycoon“ zu nennen, wie es Focus auf dem Titel tut, ist nun fast so etwas wie eine Schmeichelei, wo wir doch wissen, daß Markwort sich auch für einen der ganz Großen hält und sogar davon träumt, Springer-Boß zu werden. Jedenfalls soll Markwort das Gerücht, Springer-Aktionär Kirch habe ihn gefragt, selbst gestreut haben. Hat man erst solche Ambitionen, darf man es wohl getrost lassen, kritische Fragen zu stellen. Freilich eine gute Taktik: Erst zehn Jahre schweigen, und dann schon allein damit Aufsehen erregen, daß man Herrn Markwort auch nicht mehr sagt, als in all den Jahren. Funktioniert auch, wenn man sich ausgerechnet solche Journalisten einlädt, die vor lauter Freude über das Tête-à-tête die Regeln ihres Berufs vergessen. Vor zehn Jahren ließ sich Kirch im manager magazin noch über seinen Wunsch aus, ein Monopol zu haben. Bei Focus fällt das böse Wort gar nicht mehr.
Nun, wie kommt es zu dem plötzlichen Interviewwunsch des Dr. Kirch. Nicht daß Münchens Staatsanwälte in der nächsten Woche die Schweizer Unterlagen in der Steuerhinterziehungssache Kirch bekommen treibt den Mann. Auch nicht die Tatsache, daß über seine Pay-TV-Pläne mit Fußball alle Welt diskutiert. Nein, der Wunsch der Ministerpräsidenten, daß bald alles digitalisiert sei, ist schuld, daß Dr. Kirch nun bei Markwort sitzt und wie der Rundfunkhändler von der Ecke begeistert von den Möglichkeiten seiner d-box schwärmt. Warum nur Herr Kirch, fragt Focus naiv, verkaufen Sie nicht an die Amis? „Weil Deutschland meine Heimat ist“, sagt Kirch und: „weil wir unsere nationale Identität nicht preisgeben müssen“. Da freut sich der Helmut, weil er solchen Kram auch immer schreibt. Hat man so was schon gehört: Sat.1 und Kirchs Kühlhallen mit Hollywoodschinken sind nationale Identität. Mehr wollten wir dann gar nicht wissen von Leo und Helmut, die bestimmt am Ende beschlossen haben, sich fortan zu duzen.lm
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