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"Laienhafte" Verträge gerügt

■ Arbeitsausschuß tagte zur Geldvergabepraxis durch ABM-Gesellschaften: Regeln nachträglich geändert, Schadensersatz kaum möglich. Offene Fragen an Arbeitssenatorin Bergmann

Bei der Beratung des Rechnungshofberichts über die Verschwendung von Steuergeldern durch Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften wurde der Vertreter des Rechnungshofs im Arbeitsausschuß des Abgeordnetenhauses deutlich: Die Fördervereinbarungen zwischen der Senatsarbeitsverwaltung und fünf Beschäftigungsgesellschaften waren „laienhaft“ und „eine ausgesprochene Schwachstelle“.

So ermöglichten die Fördervereinbarungen, daß die Geschäftsführer der ABM-Gesellschaften Teile ihrer eigenen Aufgaben an Privatfirmen vergaben, bei denen sie selbst Gesellschafter waren. „Selbstbedienungsmodell“ nennt das die grüne Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz.

Der Rechnungshof hatte die Praktiken von fünf Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften für den Zeitraum von 1991 bis 1994 untersucht und die mangelnde Kontrolle der Ausgaben durch die Servicegesellschaften und die Arbeitsverwaltung gerügt. Zu den Kritikpunkten zählte auch das Firmengeflecht, das der spätere Präsident der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW), Rainer Knigge, geschaffen hatte. Als Geschäftsführer der ITW-Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft vergab er Aufträge an Privatfirmen, bei denen er Gesellschafter war.

Klotz äußerte gestern den Verdacht, daß es sich um Scheinverträge handelte und ein Teil der Leistungen nicht erbracht worden sei. Bei den Firmen Concept GmbH und der Mavvit GmbH handle es sich möglicherweise um Scheinfirmen. Die Firmenadresse der Concept GmbH ist mit Knigges Privatadresse identisch, Geschäftsführerin ist Knigges Ehefrau.

Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) führte gestern zur Verteidigung an, daß alle kritikwürdigen Dinge bereits abgestellt seien. Die vom Rechnungshof beanstandeten Förderrichtlinien seien längst geändert worden, auch die doppelte Geschäftsführung gebe es seit 1994 nicht mehr. Ein Mahnwesen stelle jetzt sicher, daß Beschäftigungsgesellschaften die Verwendung von Geldern zeitnah und nicht erst nach einem Jahr belegen müßten.

Bereits 1993 habe die Senatsarbeitsverwaltung personelle Verflechtungen zwischen der ITW- BQG und den privaten GmbHs beanstandet, so Bergmann. Inzwischen dürften Honorarverträge nicht mehr an Firmen vergeben werden, bei denen eine Personalunion zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber bestehe. Falls dagegen verstoßen werde, sei es nun möglich, öffentliche Gelder zurückzufordern.

Doch die Aussichten gegenüber der ITW-BQG rückwirkend Schadensersatzansprüche geltend zu machen, schätzte der Vertreter des Rechnungshofes gering ein. Die Gesellschaften hätten ihr Stammkapital von der öffentlichen Hand erhalten. Über selbsthaftendes Kapital verfügten sie nicht. „Es sieht so aus, als sei nichts zu holen.“

Viele Fragen blieben gestern in der Ausschußsitzung noch offen. Wenn die von der Arbeitssenatorin in Aussicht gestellte schriftliche Beantwortung nicht befriedigend ausfällt, wollen sich die Grünen weitere Schritte vorbehalten. Dorothee Winden

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