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„Mutti“ kommt zu Hilfe

■ Auf einer halben Stelle arbeitet Silvia Schmitt an den WM-Siegen der DHB-Handballerinnen mit

Sindelfingen (taz) – Diesmal hatte die Warterei genau eine halbe Stunde gedauert. Erst in der Pause gab Bundestrainer Ekke Hoffmann das Zeichen, daß es wieder einmal so weit sei. Also hat Silvia Schmitt Trainingshose und -jacke beiseite gelegt, sich ein bißchen gedehnt und ist schließlich raus aufs Feld, um das deutsche Handball-Nationalteam nach besten Kräften zu unterstützen bei ihrem am Ende unerwartet deutlichen 29:19-Sieg über Polen im Glaspalast zu Sindelfingen. Damit führt das DHB-Team die GruppeA mit 6:0 Punkten an und ist bereits vor dem heutigen Spiel gegen den Tabellenletzten Brasilien für das Achtelfinale qualifiziert.

Schmitts persönliche Bilanz nach 30 Minuten: zwei Tore selbst geworfen, Polens gefährliche Kreisläuferin Anna Garwacka, in der ersten Halbzeit dreimal erfolgreich, zur Erfolglosigkeit verdammt, Job getan also, wieder einmal. Bundestrainer Hoffmann hat diesmal gar nicht mehr viel gesagt zur Leistung seiner ältesten Spielerin. Nicht etwa, weil er unzufrieden gewesen wäre mit Silvia Schmitt (35), sondern weil er weiß, daß die immer so zuverlässig spielt, wenn er sie braucht. Deshalb hat er Schmitt ja noch in den WM-Kader gebeten nach langer Pause, im Oktober, als letzte Spielerin überhaupt. In erster Linie als Stabilisatorin der Abwehr, weil der Bundestrainer weiß, daß es vor allem dort schnell zu Situationen kommen kann, „die nicht mit Engagement oder Talent, sondern einfach nur mit Erfahrung zu lösen sind“. Davon hat Schmitt nach mittlerweile 229 Einsätzen im Nationalteam reichlich gesammelt hat.

In zweiter Linie, daran hat Hoffmann auch gedacht, soll die Spielerin von Bayer Leverkusen und Geschäftsstellenleiterin des Bundesligisten TSV Bayer Dormagen helfen, wenn die Jüngste im Team, die gerade 20 gewordene Grit Jurack, eine Auszeit braucht im Rückraum rechts, wo somit zwei Generationen aufeinandertreffen.

„Mutti“ nennt die Jüngste manchmal die Älteste, was nicht böse gemeint ist, sondern eher lieb und anerkennend, weil eine „Mutti“ für sie eine ist, die auch immer da ist, wenn man sie braucht. „Wenn Grit eine Pause braucht, dann komme ich rein“, beschreibt Schmitt, wie geschehen im ersten Spiel gegen Japan, ihre Aufgabe. In den Partien gegen Angola (31:20) und Polen diente sie auch als Ersatz für die einmal formschwache und dann verletzte Miroslava Ritskiavitchius.

Früher, das gibt Silvia Schmitt zu, hätte sie mit der Rolle der Lückenbüßerin Schwierigkeiten gehabt. Heute sei sie ganz froh darüber, nicht mehr 60 Minuten „voll durchkloppen“ zu müssen. „Wenn Grit 60 Minuten gut spielt, soll mir das recht sein“, sagt Schmitt. Wenn nicht, legt sie eben Trainingshose und -jacke beiseite, dehnt sich ein bißchen und geht raus aufs Feld, um dem Team nach besten Kräften zu helfen. In den ersten drei WM- Spielen hat sie das auch jedesmal getan. Frank Ketterer

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