Das Portrait: Der Baustadtrat im Zwangsurlaub
■ Detlef Kaminski
Er war der „heimliche Bürgermeister“ Potsdams, gestern wurde er offiziell suspendiert. Sieben Jahre lang hat der Baustadtrat Detlef Kaminski (SPD) Projekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt acht Milliarden Mark angeschoben und Bürgermeister Horst Gramlich in den Schatten gestellt. Jetzt stolpert er über eine Affäre aus dem Jahr 1992: Er soll der Bayerischen Vereinsbank zu Grundstücken und Baugenehmigungen verholfen und die Angebote anderer Konkurrenten gezielt hintertrieben haben. Gleichzeitig, so wird ihm vorgeworfen, habe er mit der Vereinsbank einen Vorvertrag über eine Luxuseigentumswohnung zu Sonderkonditionen abgeschlossen.
Umstritten ist Kaminski schon länger: Bündnis 90/Die Grünen und das Potsdamer Bürgerbündnis meinten, der Baustadtrat habe mehrere Grundstücke an Investoren verschleudert und damit zur Verschandelung der Potsdamer Altstadt beigetragen. Anfang 1997 beschleunigte er die Planung des massigen Potsdam-Centers am Rand des historischen Stadtkerns – trotz Drohungen von der Unesco, deshalb Potsdam und das Schloß Sanssouci von der Liste des Weltkulturerbes zu streichen.
Seit Dezember 1997 ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen der Mauscheleien mit der Bayerischen Vereinsbank. PDS, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und das Bürgerbündnis forderten den Rücktritt Kaminskis. Die brandenburgische SPD – erfahren im Umgang mit Affären – stellte sich hinter ihren Baustadtrat. Der Landesvorstand wollte erst die Ermittlungen abwarten, auch die SPD-Fraktion im Rathaus sah keinen Grund für einen Rücktritt.
Die gestrige Suspendierung des Baustadtrats wurde vom Brandenburger Innenministerium veranlaßt. Detlef Kaminski hat zwar Fehler eingeräumt und ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst eingeleitet, einen Rücktritt lehnt er aber ab. Die CDU will deshalb am 28. Januar in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung Kaminski abwählen lassen. So soll verhindert werden, daß der Wahlbeamte bis zum Ende seiner Amtszeit volle Bezüge erhält. Die nötige Zweidrittelmehrheit kommt dann zustande, wenn mit der Union auch die PDS, die Bündnisgrünen und das Bürgerbündnis gegen Kaminski stimmen. Sascha Borrée
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