: Die Aussichten für eine Sanierung Bremens bleiben düster
■ Acht Monate tagte eine Arbeitsgruppe über Nachschlag für Bremen – keiner will zahlen / Bund: Länderneugliederung?
Seit dem Juni 1997 drängen die beiden Sanierungsfälle unter den westdeutschen Bundesländern, Bremen und das Saarland, darauf, daß in Bonn eine Fortsetzung der Milliarden-Hilfen beschlossen wird. In den letzten fünf Jahren hatte Bremen zusätzlich zum Länderfinanzausgleich jährlich 1,8 Milliarden Mark aus Bonn erhalten. Ohne die Fortsetzung dieser Sonder-Zahlungen würde schon im Etat 1999 wieder eine Milliarden-Lücke klaffen, die größer ist als die Lücke vor Beginn der Sanierungshilfen.
Aber auch nach acht Monaten Verhandlungen haben sich der Bund und die Geber-Länder, die damals die bremischen Forderungen ablehnten, keinen Millimeter bewegt: Im Juni 1997 wurde eine Arbeits-gruppe eingesetzt, um auf Zeit zu spielen. Zu dem Abschlußbericht dieser Arbeitsgruppe, der nun vorliegt, bemerkt der Bremer Finanzsenator, offenbar spiele Bonn immer noch „auf Zeit“. Der Abschlußbericht entspricht zudem im wesentlichen dem Zwischenbericht, der am 19. November 1997 vorgelegt worden war: Der Bund erkennt zwar grundsätzlich die fortbestehende „Haushaltsnotlage“Bremens und des Saarlandes an, die Sanierungsmilliarden haben die Lage nicht grundlegend verändert. Aber Bonn weigert sich strikt, die Zahlungen nach den bisherigen Regularien fortzusetzen. Begründung: Die „finanzielle Leistungsfähigkeit“des Staates ist heute geringer als 1992 beim Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Zudem lehnt der Bund die „modellhaften Projektionen“, mit denen Bremen aus den Sanierungzielen die Zahlungshöhe errechnet, ab – schon in den letzten Jahren hatte sich erwiesen, daß die Modelle mit der Realität wenig zu tun hatten. Nach dem 1993 vorgelegten Modell wäre Bremen heute halbwegs saniert, in der Realität sind viel Vermögen veräußert, zehn Milliarden Sanierungshilfe verbraucht, und der Schuldenberg ist dennoch nicht gesunken. Wieso das alles so gekommen ist, hat der Bremer Finanzsenator in Bonn überzeugend dargelegt – dort interessiert aber die Frage, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, daß mit neuen Sanierungsmilliarden nicht dasselbe passiert. Die „modellhaften Projektionen“gehen zum Beispiel davon aus, daß die Bremer Finanzlage sich nachhaltig verbessert, wenn die Einwohnerzahl des Landes in den nächsten Jahren um zehn Prozent ansteigt und der Länder-Finanzausgleich in der bestehenden Höhe erhalten bleibt. De facto sinkt sie allerdings wie in allen Großstädten. Und die Geber-Länder wollen die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich kürzen.
Der Leiter der Arbeitsgruppe, Waigels Ministerialdirektor Jürgen Quantz, besteht in dieser Lage darauf, daß nicht nur neue Modell-Spiele vorgelegt werden, sondern daß das Saarland wie auch Bremen nachweisen, daß mit einer neuen Hilfe wirklich die Sanierung erreicht wird. Politisch verlangt der Bund zudem seit dem Juni 1997 unverändert, daß die reichen Bundesländer sich diesmal direkt an neuen Sanierungszahlungen beteiligen. Und seit dem letzten Juni lehnen die angesprochenen Länder – gleich ob SPD-, rotgrün- odere CDU-regiert – das strikt ab. CDU- wie SPD-regierte Länder weisen unisono darauf hin, daß die beiden Sanierungsfälle sehr viel mehr sparen müßten als sie es bisher getan haben. Die Vertreter der SPD-regierten Länder verlangen nun am Ende des Berichtes, daß der Bund einen Vorschlag vorlegen möge. Die CDU-Vertreter haben sich dem nicht angeschlossen, sie schlagen überhaupt keine Konsequenzen aus der ergebnislosen Arbeit der Arbeitsgruppe vor.
In einem entscheidenden Punkt unterscheidet sich der jetzt vorgelegte Schlußbericht aber von dem Zwischenbericht aus dem November 1997: Während damals nur Bayern suffisant zu Protokoll gab, „daß das Bundesverfassungsgericht auch auf die Möglichkeit hingewiesen hat, das Bundesgebiet neu zu gliedern, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können“, hat sich im Endbericht der Bund dieser Formulierung ausdrücklich angeschlossen.
K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen