piwik no script img

Mit der Grünen-Hotline auf Du und DuGrüne Argumente

■ „Ökosteuer schafft Arbeitsplätze“

Die Basis der Bremer Grünen reagiert relativ gelassen auf den Wirbel um Benzinpreis und Flugreisen. Die frisch installierte Öko-Hotline nutzen lediglich eine Handvoll Parteimitglieder. Eine Frage tauchte jedoch vermehrt auf: Welche Auswirkungen wird eine Ökosteuer auf den Arbeitsmarkt haben? Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion aus Bremen, MarieLuise Beck, faßt die grünen Argumente zusammen:

„Man stelle sich vor, die Bündnisgrünen kämen im September an die Regierung, und nach fünf Monaten gäbe es eine ökologische Steuerreform. Die Lohnnebenkosten (sprich: die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung) würden drastisch abgesenkt, die Lohnsteuerbelastung würde bei den kleineren und mittleren Einkommen sinken, der Anteil der indirekten Steuern dafür angehoben. Die Arbeitslosigkeit wäre innerhalb von fünf Jahren halbiert.

Vollkommen abgedreht? Nein, dieser Weg wird seit 1983 von der Mitte-Links-Regierung in Dänemark erfolgreich beschritten: Die Arbeitslosigkeit sank von 13 auf sieben Prozent. Eine Lehrstellenmisere gibt es nicht mehr. Das Maastricht-Kriterium für die Neuverschuldung ist kein Problem, denn der Staatshaushalt erwirtschaftet Überschüsse (1,8 Prozent plus). Die Wirtschaft boomt.

Das Geheimnis des Erfolges war die Senkung der Kosten von Arbeit, die vor allem im Dienstleistungssektor zu mehr Beschäftigung geführt hat, und die Entlastung der Einkommen. Die Dänen haben es gewagt, das Steuersystem radikal umzubauen – und die Verteuerung von Ressourcen und Energie ist dabei ganz zentral.

Wohl wahr, die Sache mit den fünf Mark wirkt wie ein Hammer – das riecht nach grüner Miesepetrigkeit und Ökodiktatur. Aber wer, wenn nicht die Grünen, soll denn die Ökosteuerdebatte betreiben, wo doch selbst die OECD mittelfristig die Vervierfachung des Benzinpreises fordert. Ich zitiere aus der OECD-Studie zu Ökosteuern von 1997: „Um erhebliche Beschäftigungszuwächse zu erzielen, müßten die Steuern auf Arbeit deutlich gesenkt werden... Dies könnte hauptsächlich, wenn nicht sogar ausschließlich, über eine erhöhte Besteuerung von Energieträgern und/oder Verkehrs- und Transportleistungen erreicht werden.“Das Prognos-Umweltgutachten von 1994 schreibt – im Auftrag der Bundesregierung –, daß die Kraftstoffpreise bis zum Jahre 2005 auf 4,60 DM angehoben werden müssen, um das CO2-Minderungsziel der Bundesregierung zu erreichen. Umsteuern tut not, weil wir sonst weder in Richtung Beschäftigung noch in der ökologischen Frage vorankommen.

Ich packe mich an der eigenen Nase: Die persönliche Ökobilanz der meisten von uns wird dem nicht gerecht, was die Menschen des Südens, was das Weltklima und die nächsten Generationen uns abverlangen könnten. Wir haben alle unsere Schmuddelecken – der eine das Auto, der andere den La-Palma-Urlaub. Politik machen heißt aber auch, Strukturen zu verändern: das eine nicht mehr zu subventionieren – das wäre das bisher unbesteuerte Flugbenzin – und das andere zu fördern – das wäre zum Beispiel ein moderner Nahverkehr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen