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Reiche Paten gesucht

■ CDU: Mit Stadtteilpatenschaft und Ehrenamt gegen soziale Spaltung

Die Idee war schon in Wahlkampfzeiten Ole von Beusts Lieblingskind. Man müsse auf weniger Staat und mehr Eigeninitiative setzen, forderte der CDU-Fraktionschef auch gestern wieder. Die reichen, sozial intakten Stadtteile sollen den armen, von sozialer Spaltung bedrohten Quartieren unter die Arme greifen.

„Stadtteilpatenschaft“nennt von Beust den Versuch, „bessere“Viertel wie Nienstedten für die Entwicklungshilfe in desintegrierten Gegenden zu begeistern. So könnten doch zum Beispiel die Walddörfer oder Hummelsbüttel auf ein staatlich finanziertes Jugendhaus verzichten und das Geld Stadtteilen wie Osdorf zur Verfügung stellen. Wichtiger als die Mittelverschiebung sei jedoch das ehrenamtliche Engagement Reicher für die Armen. Pensionierte LehrerInnen aus Blankenese möchte von Beust dafür gewinnen, AussiedlerInnen in Neu-Allermöhe Deutschunterricht zu erteilen.

In Zeiten knapper öffentlicher Kassen „muß man neue Wege gehen, weil die alten gescheitert sind“, so von Beust. Es helfe nichts, immer neue städtische Programme zu initiieren. Als Pilotpatenschaft kann der Christdemokrat sich Nienstedten und Billstedt vorstellen. Jörn Petersen, Vorsitzender des Bürgervereins Billstedt und CDU-Mitglied, ist von dieser Idee „begeistert“. Auch Wolfgang Vacano, Sprecher der Bürgervereine Hamburger Westen, will helfen, „Leute zusammenzubringen“. Geplant ist etwa eine „Freiwilligen-Agentur“.

Nach von Beusts Vorstellungen muß das Projekt eine staatliche Anschubfinanzierung erhalten. Der Antrag wird bereits in der Bürgerschaft beraten und soll Ende Mai abgestimmt werden. Rot-grün bringt dem CDU-Vorschlag verhaltene Sympathie entgegen. Beide Regierungsparteien machten deutlich, daß staatliche Verantwortung nicht privatisiert werden dürfe.

Eine solche Initiative könne „nicht auf die Fleischtöpfe des Armutsbekämpfungsprogramms“abzielen, so der Stadtentwicklungsausschuß-Vorsitzende Werner Dobritz (SPD). Sozialpolitikerin Anna Bruns (GAL) betonte, daß „gravierende strukturelle Ungerechtigkeiten“auch durch Spenden und Ehrenamt nicht ausgeglichen werden. Silke Mertins

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