: Gestrandete im Bauerngarten
■ „Spaß muß es machen“: Das Umweltzentrum Karlshöhe lädt zum Kindergeburtstag
Die Kinder rasen durch den Wald, das eine lacht, das andere kreischt, die ganze Kinderbande brüllt: „Wo ist die Flaschenpost, wo ist die Flaschenpost, wo ist die Flaschenpost geblieben?“Kinderfest im Hamburger Umweltzentrum Karlshöhe. Auf dem ehemaligen Gutshof in Bramfeld feiert der 10jährige Simon mit vier FreundInnen seinen Geburtstag – auf natur- und erlebnispädagogische Weise. Das neun Hektar große Gelände umfaßt Feucht- und Obstwiesen, einen Bauerngarten, Ackerfläche, Wald sowie das Hofensemble mit Gutshaus, Feldscheune und Stall.
Angeleitet wird die Gruppe von Kerstin Scheefisch. Die studierte Biologin und angehende Sozialpädagogin unternimmt mit den Kindern eine Phantasiereise. „Stranden auf einer einsamen Insel“heißt das Unternehmen. Nach einem eingebildeten Schiffbruch springt die Gruppe ins imaginäre Wasser und versucht, das rettende Ufer zu erreichen. Mit rudernden Armbewegungen rennen sie vorbei an Bienenkörben, gackernden Hühnern, Schafen und Ziegen. Der ganze Hof ist Ozean, voller Inseln, Wellen und Strand.
Karlshöhe ist eine erlebnispädagogisch orientierte Umweltbildungsstätte. Getragen wird sie von der Umweltbehörde und von zahlreichen Natur- und Umweltschutzvereinen. In Kursen wie „Säen und Pflanzen mit Kindern“, „Mit Sonne kochen und kühlen“oder eben auf Kindergeburtstagen sollen Kinder, Familien und Erwachsene ökologischen Landbau und die Natur kennenlernen.
Für die kleinen SchatzsucherInnen hat die Gruppenleiterin an einem kleinen Teich eine Flaschenpost deponiert. Doch, o je, die Flasche ist verschwunden. „Das ist ja toll“, sagt Kerstin Scheefisch verblüfft. „Da war eine Schatzkarte drin. Aber das macht nichts, wir haben ja Phantasie.“Sie streckt die Arme aus und liest den Plan von ihren Handflächen ab. Simon nimmt das nicht so gelassen: „Wenn ich den finde, der die Flasche geklaut hat“, ruft er empört, „dann stecke ich sie ihm in den Hals!“
Fieberhaft machen sich die Kinder auf die Suche nach dem Schatz. Endlich findet Changlin eine kleine Kiste. Goldtaler aus Schokolade, Schneckenhäuschen und Halbedelsteine blinken den SchatzsucherInnen entgegen. Auf einmal ist die vormals so lautstarke Gruppe ganz ruhig. Schweigend beugen sich alle über den Schatz.
Später nehmen die Kinder Waldbodenproben unter die Lupe, um die Insektenwelt zu studieren. „Ein bißchen was sollen sie ja auch lernen“, sagt Kerstin Scheefisch. Auf dem Hof soll gezeigt werden, „wie sich der Alltag gestalten läßt, so daß möglichst wenig Ressourcen verbraucht werden“, sagt Jürgen Forkel-Schubert, der Leiter des Umweltzentrums. Allerdings müsse das Ganze Spaß machen. „Was die Leute abschreckt, sind die 100prozentigen Ökos, die jeden Joghurtbecher ausspülen.“
Dabei genüge es, wenn die HamburgerInnen im Kleinen anfingen: rad- statt autofahren zum Beispiel, oder den Urlaub in der Nähe statt auf den Kanaren verbringen. Damit das mehr Menschen lernen, möchte Forkel-Schubert besonders Jugendgruppen einbeziehen. „Für diese Altersgruppe gibt es kaum Angebote“, sagt er. Auch auf Karlshöhe müßten dann neue Konzepte her – denn mit Schatzsuchen sind Jugendliche wohl nicht zu begeistern. Martin Pfitzner
Umweltzentrum: 6402019
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