Das Portrait: Die Tigerin der Vertriebenen
■ Erika Steinbach
„Wir Vertriebenen sind keine zahnlosen Tiger.“ Erika Steinbach, die am Sonnabend in Berlin von der Bundesversammlung des Bundes der Vertriebenen (BDV) zur neuen Präsidentin gewählt wurde, gibt sich kämpferisch. Die „Tigerin“ vom Main ist das Sprachrohr der StahlhelmerInnen der CDU im Kreisverband Frankfurt. Ein Ziehkind von Alfred Dregger. Und als Bundestagsabgeordnete der Union schon heute dessen Nachfolgerin im Geiste.
Die Zähne will sie zeigen. Wem? Allen PolitikerInnen links vom rechten Flügel der Union, von DVU, REP und NPD. Die Vertriebenen müßten „Stachel im Fleisch“ der VerzichtspolitikerInnen sein, „bis das Vertreibungsunrecht geheilt ist“. Das sei die Grundbedingung für die Osterweiterung der Europäischen Union. Wer das nicht einsehen wolle, so Steinbach im „Deutschen Ostdienst“, „vergeht sich an einem wesentlichen Teil des eigenen Volkes“.
Als Erika Steinbach im Sommer 1944 aus Westpreußen vertrieben wurde, war sie gerade ein Jahr alt, hat aber seitdem „das ganze Elend der Vertreibung“ verinnerlicht. Sie wuchs also nicht in Rahmel (Polen) auf, sondern in Hanau (Hessen/BRD), legte dort die Reifeprüfung ab und wurde Informatikerin. Gearbeitet hat sie „danach im kommunalen Bereich“; und als kommunale Angestellte bestand sie die Diplomverwaltungsprüfung. Seit 1974 ist die Oberamtsrätin Mitglied der CDU. Von 1977 bis 1990 gehörte sie dem Stadtparlament in Frankfurt an; seit 1990 ist sie Bundestagsabgeordnete. Im vergangenen Jahr scheiterte die musikalische Unionistin bei dem Versuch, Kreisvorsitzende der Union in Frankfurt zu werden. Der als liberal geltende Udo Corts schlug sie aus dem Felde, nachdem der Ordnungsdezernent mit der Zerschlagung einer kleinen Love Parade in der Mainmetropole dem rechtslastigen Parteivolk demonstrieren konnte, daß auch er ein harter Hund sein kann – fast so hart wie Steinbach.
Am Sonnabend bei der Wahl zur Präsidentin des BDV hat sich Steinbach klar gegen den Geschäftsführer des „Ostdeutschen Kulturrates“, Parplies, durchsetzen können. Eine „aktive Außenpolitik für die Rechte der Vertriebene“ müsse jetzt her, echauffierte sich Steinbach danach. Erika Steinbach: offenbar Stachel vor allem im Fleisch von Klaus Kinkel. Klaus-Peter Klingelschmitt
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